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Elfter Abschnitt.
Die
Untermalung.
Fingerspitze ganz leicht und vorsichtig an den dunkeln Stellen
der Malerei, um zu sehen, 0b die Farben noch klebrig sind.
Sind sie da so weit trocken, so sind sie es in den lichten
Stellen, wo viel Weifs gebraucht ist, jedenfalls. Ist man ver-
sichert, dafs die Farben nicht mehr kleben, so kann man das
Gemälde grade stellen, selbst hintenüber neigen, damit das Tages-
licht mehr senkrecht auf dasselbe falle: dies wird das Austrocknen
beschleunigen, ohne dafs man dann noch zu befürchten hat, der
Staub könne sich darauf festsetzen. Ob die Farbe überhaupt
trocken ist, erkennt man daran, dafs, wenn man darauf haucht,
der Hauch haften bleibt, was er auf noch nassen Stellen nicht
thut. Ob sie aber genügend trocken ist, erkennt man daran,
dafs, wenn man mit dem Nagel ein wenig darauf schabt, die
Farbe fast wie Staub abgeht, nicht aber in festen und biegsamen
Streifchen. Überall, wo man genötigt gewesen ist Trockenöl zu
Hülfe zu nehmen, wird die Farbe, obgleich sie auf der Oberfläche
nicht klebt, sich nicht bei dem Schaben in trockenes Pulver ver-
wandeln, weil das Hautchen, das sich auf diesen Partieen gebildet
hat, das Trocknen des Öls verhindert, weshalb die Farben dar-
unter lange Zeit weich bleiben, wenn sie nicht ganz dünn aufge-
tragen sind. Dies ist kein Hindernis für die Übermahing, man
könnte sonst vielleicht Jahre lang warten; aber auch dies lehrt,
dal's man Trockenfirnis sparsam und nur solchen Farben heimischen
mufs, die ohne denselben zu schwer trocknen würden.
Die schwer trocknenden Farben sind, wie man weil's, das
Schwarz, Braun, Indischgell), der Zinnober und besonders die
Lackfarben. Die beiden letzteren würden in Monaten nicht trock-
nen, auch nicht mit anderen schwer trocknenden Farben ver-
mischt, wenn man ihnen nicht Trockeniirnis auf der Palette hei-
mischt, der Asphalt ohne Firnis kaum jemals. Verhindert auch
(las schwere Trocknen das Weiterarbeiten an demselben Bilde, so
ist es doch nicht hinderlich überhaupt Weiter zu arbeiten. Man
macht eben mehre Untermalungen hintereinander, bis die erste
genügend trocken ist. Dadurch erlangt man aufserrlem eine
gröfsere Fertigkeit und Leichtigkeit in Behandlung der Farbe, so
dal's, wenn Inan die erste Untermalung wieder vornimmt, um sie zu
übel-malen, man erfahrener und geschickter geworden ist.