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Elfter Abschnitt.
Die Untermalung.
der lebenden Natur. Überhaupt aber dürfen die Schatten durch-
aus nicht starker oder dunkler angelegt werden, als sie sein
sollen; im Gegenteil etwas schwächer, und vorzugsweise die käl-
teren Töne ja nicht zu dunkel bei der Untermalung. Denn aufser-
dem, dal's die Schattentöne, vor den anderen Tönen in Ölfarbe, ge-
neigt sind, nachzudunkeln, würde besonders nicht gut sein, wenn man
bei der Übermalung einen helleren Ton über einen dunkleren legen
müfste, diese Stellen werden trübe {und mehlig, und verlieren die
schöne Durchsichtigkeit, die man für die Schatten bewahren soll.
Die hellere, deckendere, darüber gesetzte Farbe erscheint leicht
wie ein Nebel, ein Flor oder wie Staub, wenn sie nicht sehr dick
aufgetragen wird. Die Partie verliert den Schein der Wahrheit,
d. i. das Aussehen der Fleischfarbe ohne Beleuchtung.
Man hat also bei der Untermalung die Lichter, die Lokal-
tiine zuerst aufgesetzt, daran je nach der Modellierung die Halb-
töne, die Ubergangstöne. Man hat dabei immer darauf geachtet,
dal's die ganzen Lichtmassen scheinbar wie aus einem Ton
gemalt erscheinen sollen, nur mit den Veränderungen der Lokal-
töne, welche die Natur zeigt. Nach Mafsgabe der Rundung und
Modellierung sind dann auch wieder die Halbtöne, die Über-
gangstäine, die Schatten zusammengehalten, damit die Unter-
malung so recht den allgemeinen Gesamteindruck, die Gesamt-
wirkung der Natur wiedergebe. Ohne ein weiteres Eingehen auf die
Einzelheiten, als so weit dies zur Charakteristik unumgänglich
notwendig ist. Jedenfalls sollte immer die Aufmerksamkeit auf
die Gesamtwirkung der Erscheinung gerichtet bleiben.
Jede Untermalung ist etwas heller zu halten als Original oder
Natur erscheint, damit später bei der Übermalung und beim Voll-
enden ein etwas dunklerer Ton über den helleren kommen kann,
nicht umgekehrt, was die Farbe leicht schwärzlich und schwerer
erscheinen lafst. Deshalb sind auch die stärksten Tiefen etwas
warmer, die grofsen Schattenmassen ebenfalls nicht so dunkel,
als sie werden sollen, zu halten. Man trage seine Farben dreist,