Die Palette.
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dergiebt. Eine Skala, eine Reihe von Anhalte- und Anfangs-
punkten, von denen aus man nachher mit dem Pinsel alle leichten
Abweichungen dieses Tons durch Zusatz anderer Farben mischen
kann, ohne sich zu weit von der dem Ton eigentümlichen Farbung
zu entfernen. Denn diese Unterschiede sind thatsachlioh sehr ge-
ring in den Halbtönen. Man kann da nur von grünlich, violett,
bläulich u. s. W. sprechen, im Gegensatz zu anderen Tönen, zu
den Lokaltönen, aber nicht an und für sich. Eine solche Reihe
kann durch sehr zahlreiche Töne oder auch durch eine geringere
Anzahl derselben gebildet werden, mufs aber immer den Lichtton,
welcher der Lokalton ist, einen Halbton, der der etwas gebrochene
weniger direkt beleuchtete Lokalton ist, einen Übergangston für
die Stellen, wo das Licht gewissermafsen den Gegenstand nur
streift und einen Schattenton haben. Die Reihe der Töne wird
demnach immer mit den hellsten und reinsten, verhaltnismafsig
brillantesten Fleischtönen beginnen und allmählich weniger hell,
weniger rein, sondern gebrochener und kälter in der Farbe wer-
den, bis der Schatten wieder kontrastierend und warm einsetzt.
Nun hat aber das Kolorit eines Menschen verschiedene Lokaltöne.
Die Stirn, die Wangen, die Partie der Augen, die untere Partie
des Gesichts z. B. allein sind schon verschieden gefärbt und
man mufs daher mehr als einen Lokalton mischen.
Das Notwendigste hierbei ist natürlich die verschiedenen Töne
und ihre Unterabteilungen in der Natur oder in einem Bilde zu
sehen. Darnach kommt es darauf an, die für das Nachmischen
der gesehenen Töne notwendigen Farben zu wissen und hierfür
sind jene in dem vorigen Abschnitt angegebenen Reihen gemiscl1-
ter Töne ein besonderes gutes Hülfsmittel. Irgend ein Ton der-
selben wird dem Ton in der Natur gleich oder doch sehr ähnlich
sein, es wird zu erkennen sein, 0b die Farbe, um dem Ton in
der Natur ganz gleich zu werden, etwas gelblicher, rötlicher,
grünlicher, violetter etc., genug etwas mehr einem anderen schon
gemischten Ton ähnlicher werden mufs, dessen Zusammensetzung
man ja bereits weil's. Es kommt also zumeist auf die Feinheit
des Sehorgans an, auf die Befähigung für die Malerei. Das Stu-
dium entwickelt die Gaben der Natur, aber es ersetzt-sie nicht.
Das Mischen dieser charakteristischen und. individuellen Palette