Die Farbe und die Farben.
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bei jedem dieser Stoffe anders erscheinen. Die Rauhigkeit oder
Glätte der Oberflächen, die Durchsichtigkeit oder Undurchsichtig-
keit, die Festigkeit oder Weichheit, kurz die Eigenartigkeit eines
jeden Stoffes lassen auch die Farben, die sie haben, in einer da-
für so charakteristischen Eigentümlichkeit erscheinen, dal's es schon
aus diesem Grunde wünschenswert ist, Farbenmaterial von einer
der Natur ähnlichen Eigentümlichkeit zu haben, um diese Gegen-
stände so treu und der Wahrheit gemäfs, wie möglich, nachahmen
zu können, fest, undurchsichtig, durchsichtig u. s. w. Es giebt
läeingi Farbenstoff, der alle diese Eigenschaften in sich vereinigte,
der, wo man es brauchte, leuchtend und fest oder durchsichtig und
leicht erschiene. Die Flärbestoide selbst sind auch in der Farbe
so eigenartig, dafs man; meistenteils nicht durch Zusetzen an-
derer Farben genau die Wirkung dritter Farben erreichen kann.
Nimmermehr ist durch Zusatz von Schvrarz oder Blau zum Zin-
nober die Färbung des Lacks, durch Zusatz von Schwarz zum
Kobalt das tiefe Blau des Berliner Blau zu erreichen u. dgl. m.
Ein Vorzug der Ölmalerei besteht auch darin, dal's sie Farben-
material von fester, leuchtender Art und von den verschiedensten
Graden der Durchsichtigkeit in mannigfaltigster Verwendung und
ihrer Art gemäfs gebraucht und dadurch die reichsten und feinsten
Farbenwirkungen hervorbringen kann, während die Verschieden-
artigkeit des Farloenmaterials in den übrigen Arten der Malerei
nicht so wirksam und mannigfaltig hervortritt. Wenn demnach
auch die ganze Welt der Farbe aus jenen drei ursprünglichen
Farben und ihren Mischungen besteht, so sind doch die verschieden-
artigsten Farben (Färbestoffe) notwendig, um alle die Farben und
Farhentöne wiederzugeben, welche die Natur uns zeigt.
Ein Maler wird sich also zunächst eine allgemeine und unge-
fahre Vorstellung verschaffen müssen, aus welchen Farben und
Farbenstoffen er einen bestimmten, von ihm gesuchten Farhenton zu
mischen hat, wie viel von dieser oder jener Farbe dazu zu nehmen ist.
Aber diese Kenntnis ist durchaus nicht leicht zu erlangen,
Sondern nur durch lange und anhaltende Übung und Erfahrung.
V0? allen Dingen aber mufs die Natur demjenigen, der sich mit
Erfolg um die Erlangung dieser Kenntnis bemühen will, ein reiches
Mafs von Farbensinn verliehen haben, diesen unerklärlichen Scharf-