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Vierter Abschnitt.
Leinöl und Mohnöl.
immer wesentlich anders erscheint als die trockene Farbe, so ist
dies bei der Ölmalerei nicht der Fall. Die Farbenerscheinung ganz
und das Volumen nahezu sind ganz vollkommen dieselben bei
der nassen und der trocken gewordenen Ölfarbe. Diese Eigen-
schaft der trocknenden Öle verleiht der Öhnalerei die ihr eigen-
tümliche Schönheit, den Vorzug, den sie vor den anderen Malereien
hat. Diese ihre Eigenschaft, dafs die Farben genau dieselbe Er-
scheinung behalten, hat die Künstler erst in den Stand gesetzt,
die Mannigfaltigkeit von Tönen, welche die Natur uns zeigt_ nach-
zubilden und den Reichtum von Harmonieen und Stimmungen der
Farbe, wie sie durch die verschiedenen Bedingungen der Be-
leuchtung hervorgebracht werden, in den Kunstwerken zur Er-
scheinung zu bringen. Auch die Widerstandsfähigkeit gegen schäd-
liche Einflüsse von aufsen und dadurch die Dauerhaftigkeit der
Ölfarbe sind nicht zu unterschätzende Vorzüge.
Die trocknenden Öle haben aber diese für die Malerei unschätz-
baren Eigenschaften durch das in ihnen enthaltene Linolein').
Von 100 Teilen Leinöl sind etwa:
10
10
Teile
Teile
Myristin
Elain
und
Palmitin
80
Teile
Linolein.
100
Teile Mohnöl haben ungefähr:
25 Teile Myristin und Laurin
75 Teile Linolein.
100 Teile Nufsöl:
33 Teile Myristin und Laurin
67 Teile Linolein.
Von diesen Bestandteilen der Öle ist es allein das Linolein,
welches sie zur Herstellung der Ölfarben geeignet macht. Reines
Linolein herzustellen ist der Chemie bis jetzt nicht gelungen 2).
1) Der berühmte Gelehrte und Chemiker M. v. Pettenkof er hat durch
seine Untersuchungen dies festgestellt und in seinem Buche: Über Ölfarbe
veröifentlicht. Nach diesen seinen Angaben sind die hier nachfolgenden wieder-
gegeben.
2) In neuester Zeit hat die Firma P. J. Ulrich, Wien I, Himmelpfort G.
N0. 22 bekannt gemacht, dal's sie das reine Linolein aus dem Leinöl durch Be-
seitiguxig aller an der Luft nicht eintrocknender, fettiger Bestandteile durch