Verfahren, mit Leim zu grundiren.
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muss, so wird die Oberfläche der Leinwand sehr schön und eben
und die Farbe an keiner Stelle dicker als an einer anderen auf-
getragen sein. Wenn man sie gegen das Licht hält, so muss sie
noch halb durchsichtig erscheinen, denn ein zu dickes Auftragen
ist schädlich und macht die Farbe brüchig. Es ist gleichgültig,
wenn man durch die Grundirung noch Spuren von den Fäden
der Leinwand gewahr wird, wenn sie nicht allzu bemerkbar sind;
dieses bildet ein kleines Korn, das bei einem Kopfe in natürlicher
Grösse oder bei einer Landschaft durchaus nicht unangenehm
ist. Ist aber die Leinwand für ein Portrait unter Lebensgrösse
bestimmt, oder für ganze Figuren weit unter der natürlichen
Grösse, so impastire man die ganze Oberfläche stärker, um sie
ebener zu machen, so dass die Spuren des Gewebes nur in der
Nähe kenntlich sind. Die Thonerde ist nicht dem Abspringen
unterworfen, wenn sie gehörig mit dem Kleister verbunden und
nicht zu dick aufgetragen wird, und aus diesem Grunde braucht
man sie auch wahrscheinlich, um damit die Vorhänge weiss zu
färben. Ich glaube in der That bemerkt zu haben, dass unter
allen Mergelarten die Thonerde die geschmeidigste und unschäd-
lichste ist, was die Wirkung betrifft, die sie auf Farben, mit
, denen "sie in Berührung kommt, haben könnte. Der Mehlkleister
enthält einen sehr starken BindestoH, der sogar mehrere Tage
dem heissen Wasser widersteht, wenn er gut gemacht ist, was
anderer Leim, besonders der holländische, nicht thut. Ueberdies
hat er den grossen Vortheil, dass er die mit ihm vermischten
Substanzen nicht dunkler macht, und dass er sehr absorbirend
ist, dergestalt, dass ihn das Oel bis auf die Rückseite der Lein-
wand durchdringen kann, wo es verdunstet und den Farben nur
einen Theil des nöthigen Oels zurücklässt, um sie auf dem Ge-
mälde fest zu machen.
Man hüte sich, statt der kleinen Portion rothen Ockers die-
selbe Quantität Zinnober oder irgend ein anderes Roth zu ge-
brauchen, dies würde dem Gemälde sehr schädlich sein, indem
der Zinnober dem Nachschwärzen ausgesetzt ist, weil er aus
Schwefel und Quecksilber besteht. Man halte sich also an die-
jenigen Farben, die ich als die unschädlichsten angeführt habe;
übrigens kommt es nicht sowohl darauf an, eine schöne Orange-