456
Dreissigste Lection.
Grundirung.
Man kann mir mit Recht den Einwurf machen, dass sehr
geschickte Künstler gerade solche Grundirunäen gebraucht haben,
die ich verwerfe, und dass sie dennoch vortreffliche Werke gelie-
fert haben. Es ist wahr, eine Färbulg der Grundirung kann
weder Talent geben, noch nehmen; allein "davon ist die Rede
nicht, sondern blos, um zu wissen, 0b diese oder jene Farbe der
Grnndirung dem Künstler und der Dauer seines Werkes nach-
theilig oder günstig ist. Dies kann man mir nicht abstreiten und
man wird einsehen, dass es nicht gleichviel ist, ob ich auf einen
schwarzen oder hellen Grund male und 0b ich unter den hellen
Gründen den wähle, der der Wirkung und Dauer der Farben am
zuträglichsten ist. Alles, was bisher über die Grundirungen der
Leinwand gesagt ist, gilt eben so gut von Holztafeln, Pappe,
Papier, mit einem Wort, von allen Gegenständen, worauf gemalt
werden soll.
Zubegeitung
der Leinwand, die man mit
ohne .Oel grundiren will.
Leim
und
Die Grundirung der Leinwand, Pannele, Pappe, Papiere etc.
mit einer Farbe, die blos mit Starkeleim oder feinem Mehl an-
gerieben ist, hat grosse Vortheile. Sie hat zwar auch einen
Fehler, allein dieser kommt nicht in Betracht, und ich rathe den
Künstlern, Liebhabern und Anfängern, mit diesem Verfahren
einen Versuch zu machen und sich nicht durch eine blosse Unbe-
quemlichkeit zu geschwind abschrecken zu lassen, die darin be-
steht, dass man sich etwas mehr Mühe gebemmuss, die Farben
bei der ersten Untermalung aufzutragen, weil sie sich sehr ge-
schwind einsaugen.
Die Vortheile bestehen darin; 1) dass man gar kein Bleiweiss
noch eine andere Bleifarbe gebraucht; 2) dass man nach Verlauf
einiger Stunden auf diesen Grund malen kann, ohne dass man
im Geringsten befürchten muss, dass sich die Farben verändern
werden, S0 dass, wenn Eile Noth thut, man in einem Tage die
Leinwand atufspannen, grundiren und untermalen kann, wenn
man des Morgens frühzeitig anfängt und die Tage lang, warm
uncxtrocken sind; 3) ist diese Leinwand dergestalt absorbirend,
dass man nach zwei oder drei Stunden, nachdem man eine Parthie