der Paletten.
Reinigung
413
wegnehmen, was anfängt zu trocknen und zähe zu werden, be-
sonders alle die kleinen Versuche mit dem Pinsel, die, da sie
unbeträchtlich sind, viel geschwinder trocknen, als die Häufchen,
von welchen sie genommen sind.
Diese kleinen Versuche müssen sogar öfter den Tag über,
je nachdem sie sich auf der Palette anhäufen, abgenommen wer-
den, damit man an deren Stelle neue machen und sich besser
zurecht finden kann.
Es ist wahr, man findet in diesen zerstreuten Pröbchen
häufig Töne, die genau zu dem Ton passen, den man sucht, da-
her muss man nicht zu sehr eilen, um sie wegzubringen; 'a1lein
man muss wenigstens alle Stunden sie absetzen, abwischen, mit
etwas Oel darübergehen etc., mit einem Worte, die Palette rei-
nigen, um freien Platz zu haben und nicht genöthigt zu sein,
Farben zu gebrauchen, die nicht gut genug sind, mit Erfolg an-
gewandt zu werden. Man wirft alle diese Versuche auf einen
verlorenen Winkel der Palette, oder noch besser auf ein Stück-
chen Papier. Jedes Mal, wenn man die zerstreuten Farbenver-
suche abnimmt, gehe man mit dem spitzen Winkel des Spachtels
um die kleinen Häufchen herum, ohne sie aufzurühren, sondern
blos um sie von allen schon zähen und unreinen Rändern frei
zu machen. So weitläufig alles dieses zu beschreiben ist, so ist
es doch bald geschehen, und ausserdem ist es sowohl für das
Modell als für uns selbst nicht übel, wenn man auf diese Art
einige Augenblicke Erholung hat 1).
Ueberhaupt muss man sich nicht vorstellen, dass der Stand
des Malers ein Beruf zum Müssiggang sei, und dass es nichts als
Vergnügen dabei gebe; im Gegentheil, es ist ein Zustand, der
vielleicht die meiste Thatigkeit erfordert, denn man ist beständig
beschäftigt, wenn nicht mit der Kunst an und für sich, doch mit
dem Material der Kunst.
1) Alle diese Aufmerksamkeit und diese äusserste Reinlichkeit sind uner-
lässlich, wenn man Portraits oder ganze Figuren unter Lebensgrösse malt,
Z. B. einen Kopf von drei oder vier Zoll und darunter, weil die geringste Un-
reinigkeit dann ungeheuer gross erscheint, und ausserdem die Farben des Ge-
mäldes sich viel reiner erhalten; will man ein wenig in irgend einer Beziehung
in dieser Vorsicht nachlassen, so muss man in natürlicher Grösse malen-