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Vierundzwanzigste Lection.
Pinsel
liche Arbeit der Kupferstecherkunst und den Federzeichnungen,
die auf keine andere Art ausgeführt _werden können, überlassen,
in der Malerei aber die Mittel für die Weichheit, die sie selbst
uns darbietet, benutzen. Man brauche daher die Haarpinsel nur,
um einige feine Pinselstiriche, die eine grosse Delicatesse erfor-
dern, genauer anzugeben, oder auch für manche kleine Gemälde,
auf welchen dernatürliche Massstab der Gegenstände ausser-
ordentlich viel kleiner geworden ist, oder auch wohl für sehr
kleine Köpfe und Figürchen von Menschen und Thieren von so
kleiner Dimension, dass sie mit den kleinen Borstpinseln nicht
geistreich behandelt werden können, was aber selten der Fall
ist. Der Grund für alles dies ist nicht allein, weil man die Borst-
pinsel überhaupt viel stärker macht, als die eigentlichen Haar-
pinsel, sondern auch weil die Borstpinsel die Farbe auf der
Leinwand besser absetzen, während die Haarpinsel sie rollen, weg-
wischen und mit sich fortnehmen, daher erscheint dann eine Arbeit
mit Haarpinseln auch mager und gequält.
Es ist unnütz, in der linken Hand eine zu grosse Anzahl von
Haar- oder Borstpinseln zu halten. Sechs oder höchstens acht
Borstpinsel und zwei bis drei Haarpinsel sind zu Allem hinläng-
lich. Eine grössere Anzahl ist mehr hinderlich und man verliert
nur kostbare Zeit, sie nach dem Ton, mit dem sie schon gebraucht
sind, auszusuchen. Uebrigens aber, wenn es in irgend einem
Falle wünschenswerth ist, wird es besser sein, dass man einige
davon in den Pinseltrog legt, um an deren Stelle eben so viel
reine zu nehmen, man kann ja die, welche man weglegt, wieder
nehmen, um sie zu derselben oder wenigstens einer ganz ähnlichen
Farbe zu benutzen, zu welcher sie schon gebraucht waren. Uebri-
gens darf man nicht verabsäumen, die Borstpinsel Abends zu
reinigen, was zwar unangenehm und langweilig ist, jedoch ver-
derben sie sonst. Ich ziehe daher vor, sie obenhin ein wenig im
Pinseltrog zu reinigen, während ich meine Arbeit betrachte
und darüber nachdenke, um nicht des Abends zu viel damit
.zu thun zu haben. Indess muss man dies nicht übertreiben,
denn sonst würde man niemals etwas recht rein und sauber
machen. Allein es giebt so viel verschiedene Töne, besonders
in der Carnation, dass, wenn man zu jedem einen ganz reinen