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Lection.
Zweiundzwanzigste
Landschaft.
Ihre Werke, besonders die des Ersteren, sind durch diesen brau-
nen Ton fast ganz entstellt, der durch ihre Fleischfarben und so-
gar durch alles Uebrige dringt. Ich vermuthe auch, dass sie sich
des gebrannten Umbraun bedient haben, von welchem ich schon
anderwärts gesagt habe, dass es dergestalt bituminös ist, dass
man sich nicht wundern darf, wenn es das Weiss, welches ein
Bleioxyd ist, umgeändert hat.
Man wird also sehr wohl thun, wenn man dies Umbraun
nicht gebraucht, wenn es auch auf der Palette sehr schön und
verführerisch aussieht. Allein ausser ihrer bituminösen Eigen-
schaft, halte ich diese Farbe für zu kräftig und zu dunkel. Man
muss zwischen den kalten grauen und den zu starken braunen
Grundirungen die Mitte halten und eine gelbrothe Farbe wählen 1).
Nachfolgende Beispiele werden meine Behauptung bestärken, und
zugleich aussprechen, dass man das Vorherrschen des (gelb bei
dieser Grundirung nicht zu befürchten hat, wenn es nur ein
warmes orangefarbenes Gelb ist und kein citronfarbenes und
grünliches.
Man nehme ein Blatt Papier von carmoisinrother Farbe und
lege darauf ein Blatt weisses Papier, das dünn genug ist, um
durchsichtig zu sein. Sieht man nun durch das weisse Papier,
so wird die Carmoisinfarbe blind, kalt und violett-grau erscheinen,
Man vertausche das untere Blatt mit einem lebhaft scharlach-
rothen; so wird es durch das weisse Papier blos rosig-grau er-
scheinen; wäre das untere Blatt rosenfarbig, so würde nur ein
leichtes Lila entstehen. Nimmt man endlich ein schön goldgelbes
oder orangefarbenes Blatt, ungefähr wie die Farbe der Ringel-
blume, so wird das weisse Papier einen warmen lichten Ton an-
nehmen, der fast gar nichts Trübes und Graues an sich hat. Dies
ist also der vortheilhafteste Ton, weil die blauen, violetten, grauen
1) Die Zubereitung oder der Ueberzug, den man auf die Leinwand trägt,
ehe man darauf malt, heisst die Grundirung. Sie dient, um damit die
Löcher und Poren auszufüllen und sie gleich zu machen, sowie auch hölzerne
Tafeln und andere Flächen, worauf man malen kann. Man grundirt sie grau-
weiss, braun, roth und endlich auch gelbroth, aber niemals mit anderen Far-
ben; ich ziehe aber die letztere Färbung allen übrigen vor. Man sehe die
dreissigste Lectiou über die Grundirung der Leinwand.