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Lection.
Zwanzigste
Kleidung.
Ich glaubte, die Anfänger auf diese Art von Wirkungen auf-
merksam machen zu müssen, weil sie vermöge ihrer Studien nach
dem Runden gewohnt sind, ihre Lichter und Schatten so aufzu-
tragen, wie sie sie wirklich auf jeder gleichförmigen Oberiiäche
sehen; allein eine solche kommt bei vielen Gegenständen, welche
gemalt werden sollen, nicht vor. Es ist nöthig, dies zu bemerken.
Von
allen
leichten
und
durchsichtigen
Stoffen.
Man muss auch die Gaze, den Mousselin, den Flor und über-
haupt alle durchsichtigen Stoffe sorgfältig studiren. Sie lassen
sich nur mit Mühe gut nachbilden, weil sie dem Auge eine solche
Verwickelung von Falten darstellen, indem eine durch die andere
durchscheint und mansie weder in einander ziehen, noch genau
von einander scheiden kann. Um sie gut darzustellen, muss man
das Untere in einer weichen und breiten Weise anlegen, ohne
für den Augenblick auf die oberen Falten, welche sie wieder be-
decken, grosse Rücksicht zu nehmen. Geschieht dies, so ist man
wegen Anbringung der oberen Falten weniger in Verlegenheit;
überhaupt aber muss man diese Art Stoffe nicht mit dickem
Farbenauftrag malen, um ihnen das leichte und feine Ansehen
zu geben, das sie haben müssen. Man arbeitet dabei mehr
mit Weiss, als mit anderen Farben; wenn man aber die letzteren
gebrauchen will, so halte ich es nach meiner Erfahrung für vor-
theilhaft, sie ebenso zu malen, als wenn sie weiss wären (beson-
ders, wenn der darunter befindliche Grund von weisser oder
anderer Seide ist). Alsdann, wenn diese Arbeit ganz trocken
ist, legt man über das Ganze eine leichte Lasur von Blau, Rosa,
Grün u. dgL, indem man dabei beobachtet, die Dunkelheit der
Lasur überall da zu verdoppeln, ja sogar dreifach starker zu
malen, wo die Natur uns den Stoff zwei- und dreifach über einan-
ander gelegt zeigt.
Bei dieser Art und Weise bleibt man Herr seiner Arbeit;
man vermehrt oder vermindert die Intensität der Lasurfarbe, ohne
dass man dabei Gefahr läuft, die Falten und die unteren Formen
zu verlieren, und zu gleicher Zeit mildert man mit gebroche-
nen grauen Tönen einige Parthieen, die man für zu lebhaft hält,