Volltext: Handbuch der Oelmalerei für Künstler und Kunstfreunde

Von der Art und Weise, die verschiedenen Arten der 
Zeuge und ihre matten oder glänzenden Farben nach- 
zuahmen. 
Wir haben schon gesehen, dass ein schönes Himmelblau blos 
durch Ultramarin oder höchstens mit Kobaltblau erreicht werden 
kann. Ebenso verhält es sich mit allen lebhaften Färbungen, 
wo Blau hineinkommt, in dem Masse, als sie hell und glänzend 
sind, namentlich bei seidenen Stoffen. Folglich kann ein schönes 
Violett, ein zartes Lila oder schönes Hellgrün blos mit diesen 
blauen Farben erreicht werden, indem man (ausser den erforder- 
lichen übrigen Farben, als Krapplack für das Violett und Lila, 
und Gelb für das Grün) mehr oder weniger Weiss dazu mischt, 
um die Farbe hell zu machen, -oder indem man alle lichten 
Stellen mit reinem Weiss untermalt und nachher mit durch- 
Sichtigen Lasuren darüber geht, wie S. 28 und 29 gesagt wor- 
den. (Man sehe die neunzehnte Lection über die Lasuren und 
Retouchen S. 295 u. f.) Für wollene und dunkelblaue Zeuge lei- 
stet das Berlinerblau vortreffliche Dienste, und ist es von vor- 
züglicher Güte, so ist es selbst dem Ultramarin vorzuziehen, 
hineinfallen kann. Diese Art von Kasten, welcher die Grösse von einigen Fussen 
hat, ist so eingerichtet, dass man die Decke und selbst die Seitenwände weg- 
nehmen und nach Belieben so viel kleine Figuren hineinstellen kann, als die 
Composition des Gemäldes erfordert. Die Maler bekleiden diese Maquetten mit 
Farben, die sie fiir passend halten, machen das Local wieder zu und lassen 
blos die Seite offen, wo das Tageslicht nicht einfallt. S0 untersuchen sie die 
allgemeine Wirkung des Ganzen, ingleichen die Schatten, die eine Figur auf die 
andere wirft. Auf eben die Art beurtheilen sie die gute oder schlechte Wir- 
küllg der verschiedenen Farben der Gewänder, der Wiederscheine, die sie 
Zllrückwerfen, und der Lichter, welche am glanzendsten sind. Sind sie mit 
der Wahl der farbigen Gewänder, oder mit der allgemeinen Wirkung des 
Helldunkel nicht zufrieden, so eröffnen sie den auf dem Tische stehenden 
Kasten von Neuem und machen im Inneren alle gehörigen Veränderungen und 
Modificationen. 
Wollte man ohne Talent dieses Innere mit. allen darin befindlichen Ma- 
quetten copiren, so würde gewiss ein sehr schlechtes Gemälde daraus entstehen, 
allein ein geschickter Künstler kann für die Vertheilung seines Haupteifects 
Krossen Vortheil daraus ziehen. Ich habe dergleichen Versuche gesehen, die 
meine Neugierde lebhaft reizten, und konnte nicht unterlassen, denen eine 
Idee davon zu geben, die noch nichts davon gehört haben.
	        
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