Volltext: Handbuch der Oelmalerei für Künstler und Kunstfreunde

328 
Lection. 
Zwanzigste 
Kleidung. 
giebt es natürlich eine grössere Anzahl kleiner Falten; indessen 
muss man es so machen, dass einige derselben grosse Haupt- 
massen bilden, die von den kleineren Falten bestimmt geschieden 
sind, theils um die Monotonie zu vermeiden, theils um zufällige 
Schatten hervorzubringen. 
Kleine Falten sind überall da am häufigsten, wo das Zeug 
gepresst und zusammengebunden ist, wie an dem Gürtel, den 
Aermeln etc.; allein im Gegensatz dieser kleinen Falten muss das 
Auge auf grossen, glatten oder wenigstens breiten und fast ein- 
fachen Parthieen ausruhen. 
Man vermeide allezeit, dass eine grosse und tiefe Falte die 
Form und das Glied des Körpers, das hervorspringend erscheinen 
soll, durchkreuze; denn man würde dadurch die Anlage und 
Deutlichkeit der Figur zerstören. Nichts ist fehlerhafter, und doch 
geschieht es oft, dass die Draperie in der Natur selbst dieses 
schlechte Motiv darbietet. Die Gewandung muss zwar das 
Nackte bedecken, aber niemals verunstalten. 
Was die grossen, schlaffen und herunterhängenden Falten 
betrifft, so vermeide man das allzu Symmetrische und unterscheide 
sie durch Weite, Form, Lage und durch Winkel, die einander 
entgegengesetzt sind, ohne dem Stoff Gewalt anzuthun. In dieser 
Hinsicht hole man sich Rath aus Kupferstichen nach den besten 
Malern, wie Raphael, Poussin etc., und folge hierin dem gröss- 
ten Theil der Maler aus der niederländischen und holländischen 
Schule nicht. Diese Maler, obgleich sie die Gewänder, was die 
Malerei betrifft, gut behandelt haben, so haben sie doch im All- 
gemeinen nicht mit eben der Grazie und Geschmack drapirt, noch 
den F altenwurf so kunstreich angeordnet. Die französischen und 
besonders die italienischen Maler verdienen den Vorzug 1). 
1) Es giebt vortreffliche Maler, die sich eines gut ausgedachten Mittels 
bedienen, um die allgemeine Wirkung eines Gemäldes, das aus einer grossen 
Anzahl von Figuren besteht, und die Vertheilung der Farben an den Gewän- 
dern zu beurtheilen und so ein harmonisches Ganze hervorzubringen. Sie ver- 
fertigen aus Holz oder Pappe einen inneren Raum, der mit dem, welcher den 
Hintergrund des Gemäldes ausmachen soll, einige Aehnlichkeit hat, gleichviel, 
ob es ein Porticus, ein Palast, eine Kirche oder eine Stube ist. In diesem 
kleinen Local werden "die Fenster angebracht, wo auch in dem Gemälde derglei- 
chen hinkommen sollen, dergestalt, dass das Tageslicht auf keinen anderen Weg
	        
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