Anwendung
der Retouchen.
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Häuiig lässt man auch bald da und dort die Untermalung
durch diese leichte Retouche durchscheinen, und man thut sehr
wohl daran, wenn Parthieen einer Untermalung gut vorbereitet
waren, und ihr Ton richtig und fein genug ist, so dass man ihn
[beizubehalten wünscht. In diesem Falle drückt man nur einige
Details mit mehr Bestimmtheit aus, sowohl durch kräftige Drucker
als durch zarte und durchsichtige Striche, alles Uebrige lässt
man als einen Grund oder als einen Localtou, womit man zu-
frieden ist, unberührt. Diese Manier ist auch bei vielen Dingen
gleich gut anwendbar, besonders in Landschaften, in der Archi-
tektur und sogar bei Draperieen, wenn nach Auftrag einer Re-
touche der Ton gut gerathen ist, so dass sie die gewünschte
Färbung hat. Man muss aber niemals die Lüfte oder grosse
Lichtmassen in der Carnation retouchiren, denn dies sind Par-
thieen, die man nicht rein und licht genug halten kann; man
muss sogar möglichst vermeiden, sie mit Oel anzureiben oder zu
viel hinein zu arbeiten, weil sich die Farben dadurch verändern
und nach kurzer Zeit eine gebräunte und schmutzige Färbung
annehmen 1).
Die Retouchen haben den grossen Vortheil, die Untermalung
so sichtbar zu machen, wie wenn sie erst frisch gemalt wäre,
dergestalt, dass man die Töne gründlich modificiren kann, und
noch mehr, die Details, die man darüber malt, verbinden und
verschmelzen sich vollkommen mit dem darunter Gemalten,
ohne jemals weder trocken noch geschnitten zu werden, weil sie
sich mit der allgemeinen Retouche etwas vermischen; davon
kommt die Weiche und schöne Harmonie eines Gemäldes.
Ich nehme z. B. im, man wolle ein Stück Architektur über-
malen; die leichte Retouche, womit man die Untermalung lasirt,
lässt alle gezogenen Linien durchschhnmern und die Untermalung
Wie frisch gemalt erscheinen. Mit der Spitze eines Borst- oder
anderen starken Pinsels nimmt man die verschiedenen durchsich-
1) Man sehe indessen die achte Lection, in welcher ich eine Art von
weissem Oel angegeben, das zur Retouche gewisser Fleischparthieen gut iSt, ohne
dass man sie ganz zu übermalenbraucht, und ohne dass diese übermaltexl
Parthiven fleckig aussehen.