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Lection.
Neunzehnte
Retouche.
Von
den
Retouchen.
Wenn auf die erste ganz trockene Untermalung über diese
oder jene Parthie eines Gemäldes, das man zum zweiten Mal
übermalt, ein leichter Ton gelegt wird, so heisst dies retou-
chiren. Dieser Ton muss ebenfalls dünn und durchsichtig wie
die Lasur, und so gemischt sein, dass er den Localton der
Parthie, die man übermalen will, wiedergiebt. Diese Art und
Weise ist von den besten Künstlern allgemein angenommen.
Diese Retouchen haben den Vortheil, die eingeschlagenen 1)
Stellen einer Untermalung wieder so herzustellen, dass man da
durch viel deutlicher erkennen kann, was in dem Localton der
Parthie, die man wieder übermalt, zu verbessern ist, und ausser-
dem wird, da diese Retouchen reichlich mit Oel versehen sind,
die darüber zu machende Arbeit sehr erleichtert, weil der Maler
nicht auf's Trooknez) arbeitet, und daher haben alle Details
nichts Geschnittenes; ein Fehler, der einer guten Wirkung der
Malerei so" entgegen ist.
Es ist sehr wesentlich, die Töne dieser Retouchen mit grosser
Sorgfalt zu mischen, da es unmöglich ist, bestimmte Vorschrif-
ten {iir dieselben zu geben; denn dies hängt -nicht allein von
dem Gegenstand, den man wirklich malt, sondern auch von dem
Ton ab, den man in der Untermalung zu verbessern oder zu
modificiren hat.
Wenn es sich ereignet, dass der Lccalton der ersten Unter-
malung richtig ist, was sehr oft geschieht, so legt man nur eine
sehr. leichte Retouche darüber, dergestalt gemischt, dass der dar-
unter befindliche Ton keine Veränderung leidet, und man ge-
niesst dann den sehatzbaren Vortheil, die Details, welche man
der ersten Anlage hinzufügt, ganz weich und zart "malen zu
können, ohne den Localton, init dem man zufrieden ist, zu ver-
lieren.
1) Eingeschlagen nennt man die Parthieen eines Oelgemäldes, welche
beim Trocknen einen blinden und viel graueren Ton annehmen, als die Farbe
wirklich beim Malen gehabt hatte.
2) VAuPs Trockne malen bedeutet, irgend eine Farbe auf eine ganz
trockene Parthie auftragen, ohne zuvor eine Retpuche anzulegen, oder die
Stelle mit etwas (Viel einzureiben.