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Lection.
Neunzehnte
I lasur.
darf aber die Lasur, die man wieder wegnehmen will, xiicht lange
Zeit stehen lassen, sonst lässt sie sich ohne Beschädignng des
Gemäldes nicht wieder wegnehmen, weil sie entweder schon zu
trocken oder die darunter befindlichen Farben erweicht sein
würden.
Durchschnittlich
lTUlSS
man
sich
nach
einer
halben
oder
spätestens ganzen Stunde entschliessen, besonders wenn man Far-
ben gebraucht, die viel Trockenöl erfordern.
Um eine Lasur wegzunehmen, mit welcher man unzufrieden
ist, rolle man mit der flachen Hand geriebene Brodkrume dar-
über; und wenn man befürchtehrdass die Brodkrume, wenn sie
weiter geht, sich an andere frische Lasuren anhängen möchte,
so giebt man dem Gemälde, um das zu vermeiden, die gehörige
Neigung, so dass die Krumen unmittelbar auf die Erde oder auf
eine trockene Stelle des Gemäldes fallen. Sieht man, dass die
Brodkrume von der abgehobenen Lasur nicht mehr beschmutzt
ist, sondern sauber und rein bleibt, so reinigt man vorsichtig diese
Stelle und breitet eine neue Lasur darüber, indem man an dem
Ton derselben verbessert, was uns fehlerhaft erschienen war.
Es ist aber auch öfters der Fall, dass man sich nicht die
langweilige Mühe zu geben braucht, die erste Lasur abzunehmen,
sondern man kann den Ton durch Zusatz einer anderen Farbe
modiiiciren, die mehr oder weniger der ersten Farbe entgegenge-
setzt ist, und die, wenn man sie mit der eben gebrauchten ver-
mischt, den gesuchten Ton hervorbringt. Wenn also z. B. die
erste Färbung zu grünlich erscheint, so legt man geschwind und
sehr dünn über die ganze lqasur etwas reinen Lack, oder irgend
eine andere Farbe, die mit dem zu erreichenden Ton überein-
stimmender ist; dadurch wird das Grün bald gemildert werden.
Ist hingegen die erste Lasur zu bräunlich, so lasirt man mit rei-
nem Ultramarin darüber, wenn es eine schon etwas entfernte
Flache ist; oder man lasirt wohl gar mit Schwarz und selbst
Berlinerblau, wenn sich der Gegenstand dem Auge nahe befindet.
Man muss aber von diesem Mittel keinen Missbrauch machen;
es können grosse Nachtheile daraus entstehen, da die Menge des
'l'r0ckenöls, welches man fast bei allen Lasuren gebrauchen muss,
sich in zu grosser Masse zu der wenigen Farbe, die man ge-
braucht, beiindet und diese daher mit der Zeit nachschwärzen