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Lection.
Achtzehnte
Uebermalung.
Garmoisin-Lackfarben, so trocknen diese so langsam, dass, wenn
sie nicht mit vielem Weiss vermischt sind, man nicht nöthig hat,
die Grenzen für die weitere Uebermalung mit Oel anzureiben,
auch ist dieses bei dem reinen Ultramarin unnütz.
Bei allen Tönen, zu welchen Trockenfirniss kommt, ist das
Anfeuchten der Grenzen überflüssig, weil das Trockenöl von einem
Tage zum anderen hinlänglich trocknet, so dass man über die
Grenzen weggehen kann, nur muss man immer den Ton oder die
Lasur an den Rändern verdünnen, um Krusten und Erhöhungen
zu vermeiden. Alles, was stark mit Trockenflrniss gemalt ist,
schlägt nicht ein, denn es ist eine Art von fettem Firniss.
Ist ein Schüler so weit gekommen, in einem Tage das ganze
Gesicht zu decken (und decken nenne ich: es vollständig gemalt
haben mit allen Feinheiten des Tons, und so gearbeitet, wie ich
oben in der siebzehnten Lection S. 194 u. f. angegeben habe)
und alle Töne miteinander zu verschmelzen, wie ich es S. 199
gezeigt, so kann er es bis auf den folgenden Tag dabei bewenden
lassen, da er alsdann die ganzen Augen malen kann, nämlich die
Augapfel und das, was ihnen am nächsten ist; hierauf, während
seine Farbenmasse noch eine Art von Geschmeidigkeit hat, kann er
die geistreichen Drucker anbringen, sowohl im Schatten, als in den
hellen und lebhaften Lichtern, sowie ich S. 202 u. f gezeigt habe.
Was die Arme und Hände betrifft, so lasse ich mich nicht
weitläufig darauf ein. Diese Gegenstände erfordern eine voll-
kommene Zeichnung und alle nur mögliche Grazie, deren sie
fähig sind, sowohl in der Stellung überhaupt, die leicht, ge-
schmeidig und natürlich sein muss, als auch in den Details der
äusseren Umrisse und der in denselben enthaltenen inneren For-
men. Man muss hierzu viele specielle Studien nach Gypsabgiissen
über die Antike oder schöner Parthieen und Fragmente nach dem
Leben und endlich nach der Natur selbst machen. Man zeichne
auch mit b10SSer schwarzer und weisser Kreide eine grosse An-
zahl Arme, Hälse, Hände und Füsse. Hierauf male man einige
derselben nach Gyps, d. h. nach den Gypsalagüssen, und endlich
fange man einige in tFarbe an, mit allen Tönen der lebenden
Natur. Da man aber seine Einbildungskraft nicht genug mit
schönen Formen nähren kann, so wähle man gute Modelle, so-