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Achtzehnte
zmion.
Uebermalun;
scheinen, gar kein Relief haben und für das Auge eine blos künst-
lich rothe Wange darstellen, und nicht im entferntesten an eine
schöne atlas- und saminetartige Haut erinnern 1).
Weder den Umriss des Gesichts noch irgend eine verschwin-
dende und abgewandte Parthie darf man jemals in einer harten,
trockenen und schneidenden Weise absetzen, sondern man muss
sanft und weich, ohne sich dabei von der Form zu entfernen,
mit dem Grunde, dem Halse oder einer anderen Parthie, in deren
Grenzen sie sich verlieren, verschmelzen; dies wird ihnen Run-
dung verschaffen, nnd sie werden nicht das Ansehen erhalten,
als wenn eine ausgeschnittene Figur auf dem Grunde angeleimt
wäre. In dieser Rücksicht müssen die zurückweichenden Halb-
töne schon geschickt genug abgetönt sein, damit zwischen der
hellsten Stelle bis zum aussersten Contur, da wo die Zeichnung
der Form aufhört, kein zu fuhlbarer Gegensatz der Farbe ent-
steht, und zwar ebenso wohl beim Fleisch, als bei einer Dra-
perie oder einem anderen Gegenstande; ohne dies erreicht man
seinen Zweck nicht, die ausseren Conturen würden nur unrein
und falsch erscheinen, ohne mehr zuriickzuweichen.
Zumal der Hals eines Frauenzimmers, wenn er auch von
Natur sehr weiss ist, darf doch niemals so glänzend und hell
sein, als die hellsten Parthieen im Kopfe, denn da jene Parthie
für gewöhnlich in einer senkrechten Lage ist, so gleitet das Licht
darüber hin, während es auf den Formen, die vorliegen und her-
vorsfiringend sind, ruhen bleibt; überdies ist die Stelle, welche
der Hals einnimmt, im Vergleich mit dem Kopfe, von dem Maler
weiter entfernt, als dieser, mithin ist sie schon einer leichten,
obgleich fast unmerklichen Abtönung unterworfen.
Indessen muss der Hals, wenn er bei dem Modell eine weisse
und schöne Farbe hat, in der Nachahmung eben so rein erschei-
nen. Also nicht durch röthliche, gelbliche oder bräunliche Töne
darf man das allzu starke Weiss desselben mildern, sondern
durch leichte bläuliche, grünliche, ja bisweilen selbst durch halb
grau-violette Töne muss dieses geschehen. Die Wahl aller die-
1) Als ein gegebenes Beispiel sehe man S. 194, wie man arbeiten muss,
um alle Töne einer blühenden Wange nach und nach allmälig abzustufen,