Volltext: Handbuch der Oelmalerei für Künstler und Kunstfreunde

Warnung 
zu kleinlichem 
VOF 
Detail. 
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dem Augenblicke selbst als ruhend angesehen werden können, 
sonst lauft man Gefahr, die Ungeduld der Zuschauer zu reizen. 
Anders verhält es sich mit historischen Compositionen oder 
Familienscenen. Der Grund davon ist einfach; schon durch den 
Ausdruck der Personen (welcher ebenso gut in den Bewegungen 
ihrer Glieder, als in der Andeutung ihrer Züge liegt) kann man 
ihre Handlung, ihre Leidenschaften charakterisiren. Bei dieser 
Art von Pantomime muss jedoch der Zuschauer Gegenstand und 
Scene, die man darzustellen gesucht hat, wohl verstehen und wie- 
der erkennen.  
Nach dieser Abschweifung, die mir nützlich zu sein schien, 
und die ich leicht noch weiter ausdehnen könnte, komme ich auf 
den Hauptgegenstand zurück, und empfehle von Neuem, bei Be- 
endigung der Carnation sich ja nicht in kleinliche und unbedeu- 
tende Details einzulassen, und ebenso wenig die Details, die in 
breiter und weicher Weise ohne Trockenheit behandelt werden 
müssen, zu stark hervorzuheben. Dies kann man bei Dilettanten 
und Anfangern nicht oft genug wiederholen. Sie halten alle ihre 
Arbeiten für desto vollkommener, je grösser die Menge fast mi- 
kroskopischer Details ist, die sie darin anbringen, wie es diejeni- 
gen machen, welche naturhistorische Gegenstände malen; allein 
sie irren sich. Ich gestehe Qes, dass ich selbst einige Jahre in 
diesem Irrthum gewesen, von welchem ich zurückgekommen bin, 
da mich die Erfahrung gelehrt, dass ich trotz aller Mühe in die- 
ser Beziehung anstatt der Wahrscheinlichkeit der Natur naher zu 
kommen, mich allezeit mehr davon entfernt habe. Dies bedarf, 
wie ich glaube, noch einiger Erläuterung. 
Welches Ziel erstrebt man in der Kunst der Malerei? Ist es 
etwa die sclavische Nachahmung der Gegenstände, wie sie that- 
sachlich sind, oder ist es einfach nur ihr Schein, wenn sie aus 
einer gewissen Entfernung gesehen sind? Ich denke, dass, da man 
Gemälde von mittlerer Grösse nicht mit der Lupe untersucht, 
und da man, um sie zu beurtheilen und sich an denselben zu er- 
freuen, sich in eine Entfernung stellt, aus welcher der Maler un- 
gefahr sein Modell betrachtet hat, man nur die grossen Massen 
und die auffallenden Details berücksichtigen muss, die ohne An- 
strengung aus der Entfernung, in welcher man sich befindet, ge-
	        
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