Volltext: Handbuch der Oelmalerei für Künstler und Kunstfreunde

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Lection. 
Achtzehnte 
Üebermalung. 
zum Theil durch das Ende der Nase bedeckt wird, und das Kinn 
wird dergestalt zurückweichend und in'der Verkürzung gesehen, 
dass schon ein grosses Talent und Glück dazu erforderlich ist, 
wenn Jedermann gleich stark von dieser Aehnlichkeit berührt 
werden soll, so getreu sie auch sein mag. Es ist wahr, gewisse 
Arten von Stellungen haben etwas sehr Malerisches, sowohl für 
den allgemeinen Eifect, als auch sonst; allein man darf sich 
nicht daran wagen, als bei Portraits in Profil 1), wodurch man 
die Verkürzungen vermeidet, oder bei Familienportraits, in 
welchen viele Personen vorkommen, deren Stellungen so viel als 
möglich abwechseln müssen, wenn sie nur nicht die Grenzen des 
Schicklichen und die Natur des Gegenstandes überschreiten. 
Von Genrebildern spreche ich hier natürlich nicht, in welchen 
man jeder Figur die Stellung, die Haltung und Beschäftigung 
geben kann, die man für nöthig erachtet, um den besten Effect 
für das Ganze hervorzubringen, weil es hierbei nicht auf Aehn- 
lichkeit ankommt. Man kann und muss sogar die Figuren in 
allen wahrscheinlichen Stellungen darstellen, einige von vorn, 
andere im Profil, im halben Proül, rückwärts, andere vorwärts 
gebogen etc. Einen Theil dieser Figuren kann man scharf her- 
vortreten lassen und in's lebhafteste Licht stellen, andere halb 
im Schatten, oder ganz und gar im Schatten etc. Allein diese 
Wirkungendes Helldunkels müssen allezeit durch die Localitäten 
des Hintergrundes der Gemälde motivirt sein, sowie durch die 
verschiedenen Gegenstände, die sich darauf befinden. Denn es 
'würde widersinnig sein, Schlagschatten da anzubringen, ohne dass 
man den Gegenstand sieht, der ihn verursacht, oder ohne ihn 
wenigstens aus der Anordnung des Locals vernünftigerweise an- 
nehmen zu können. 
Bis jetzt habe ich blos von den Hülfsmitteln geredet, deren 
sich ein Anfänger bedienen kann, um sich die Schwierigkeiten bei 
seinen ersten Versuchen zu erleichtern; allein das beste Mittel, 
1) Wenig Menschen begnügen sich mit einem Portrait in Profil. Es lie- 
fert keine hinlängliche Darstellung der Züge und des Ausdrucks der Person, 
noch weniger genügt es, wenn die Augen auf ein Buch geheftet sind. Diese 
Stellung ist blos bei Personen gut zu gebrauchen, welche schielen und auf 
einem Auge blind sind, oder auch, um einen Kopf als einfache Studie zu machen-
	        
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