Uebermalung der Augen.
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oder weniger feine und weisse Haut hat. Die Augenbraunen dür-
fen nicht durch einen einförmigen Strich gemacht werden, wie
sehr viele Unwissende es thun. Man muss das Fleisch anlegen,
das durch die Haare schimmert und zugleich immer durch die
Masse dieser Haare mehr oder weniger beschattet wird. Ueber
diese Anlage, auf welche man die Farbe so dünn als möglich
aufträgt, malt man die Augenbraunen selbst, indem man sich
bemüht, ihnen die wirkliche Form zu geben, die'sie im Modell
haben 1), und indem man sie schwach oder stark andeutet, so
wie es die Natur zeigt. Es geschieht mehr als zu oft, dass ein
Anfanger gar keinen Unterschied macht zwischen der beleuch-
teten Parthie der Masse der Haare und der beschatteten in star-
ken Augenbraunen, wodurch ihnen alle Rundung benommen wird.
Diesen Fehler muss man vermeiden, sowie auch den noch ge-
wöhnlicheren, die Augenbraunen hart unmittelbar an das Fleisch
zu malen; sie müssen sich im Gegentheil sanft verlieren, indem
man sanfte Halbtöne daneben legt, die immer an den Rändern
sind, wodurch man die einzelnen feinen kleinen Haare nachahmt,
die man sich sehr in Acht nehmen muss, einzeln wiederzugeben
(was sehr mager und hart erscheinen würde); sie müssen viel-
mehr eine solche Wirkung hervorbringen, als wenn man sie in
einer Entfernung von vier bis fünf Fuss sähe, in welcher man sie
blos als Masse unterscheiden kann. Es giebt einige, aber sehr
seltene Fälle, in welchen man sich erlauben kann, drei, vier ein.-
zelne Haare aus der allgemeinen Masse herauszuheben, wenn man
nämlich einen Greis malt, dessen Augenbraunen und Haare weiss
geworden sind; bei diesem sieht man ziemlich deutlich bald da
bald dort einige Haare, die viel langer und weisser als die übri-
gen sind. Allein diese zerstreuten Harchen muss man in einer
freien Manier malen und gleichsam mit schwebender Hand, ohne
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1) Es ist um so wichtiger, die Form der Augenbraunen vollkommen nach-
zuahmen, weil sie ihre Umrisse nach der Form der Stirn selbst annehmen, und
weil sie über der Augenhöhle, die das Auge beschützt, am Rande des Stirn-
beins aufgepiianzt sind. Man würde also widersinnig handeln, wenn man den
Augenbraunen, die auf einer wenig gebogenen und flachen Stirn sich beünden,
eine gekrümmte Form geben, oder wenn man sie auf einer runden Stirn in ge-
rader Linie malen wollte etc.