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Achtzehnte Lection.
Uebermalung.
genug oder zu viel ist, so setzt man im ersteren Fall noch mehr
von der schon hinzugesetzten Farbe hinzu; im zweiten Falle aber,
wenn man zu viel davon genommen hat, so nimmt man ein wenig
von der zuerst genommenen Mischung dazu, so lange, bis man
den rechten Ton erlangt hat.
Wenn man nicht durch Beimischung einer einzelnen Farbe
den Ton erreicht, so greife man zu einem anderen Ton, der pas-
sender zu sein scheint, und endlich mische man einen dritten
und wohl gar vierten Ton hinzu, bis man damit zufrieden ist.
Dies macht sich sehr geschwind, wenigstens sobald man einige
Fertigkeit erlangt hat. Um einen Farbenton zu stimmen, und
mit einem anderen, der zur Vergleichung da ist, in Harmonie zu
bringen, dazu gelangt der Maler eben so geschwind, als [der Mu-
sikus, welcher sein Instrument mit dem eines Anderen stimmt,
und noch viel geschwinder, wenn er darin geübt ist, freilich erlangt
man diese Leichtigkeit blos mit der Zeit und durch Studium.
Da die Mischung der Farben für den Anfänger das Schwie-
rigste ist, so wird man es nicht ungern sehen, wenn ich den
allgemeinen Grundsatz, den ich jetzt gegeben habe, durch ein
Beispiel erläutere.
Ich sage also und wiederhole es ohne Bedenken, dass alle
nur erdenklichen Mischungen, sowie alle verschiedenen Töne der
natürlichen Gegenstands, in der That nur aus drei ursprünglichen
Farben zusammengesetzt werden, nämlich aus Roth, Blau und
Gelb, zu welchen der Maler das reine Weiss und das reine Schwarz
hinzusetzen muss. Das Weiss dient zur Nachahmung des Lichts,
und das Schwarz zur Nachahmung der Dunkelheit. Es giebt
also fünf Farben, welche die Basis der Palette ausmachen. Ich
rede mithin nicht von Grün, von Orange, oder von Violett, weil
diese drei Farben aus den drei ersteren zusammengesetzt werden
können. Das Grün entsteht aus Blau und Gelb; das Orange
aus Roth und Gelb, und das Violett aus Roth und Blau.
Allein da wir in der Natur mehrere Arten von Roth, Blau und
Gelb haben, wovon einige lebhafter, andere es weniger, einige
heller und andere dunkler oder tiefer sind, so musste die Wissen-
schaft der Kunst zu Hülfe kommen, indem sie diese verschiedenen
Färbungen erschuf. Hatten wir z. B. kein Carmoisinroth, so