Anleitung zur Uebermalung der Schatten und Reflexe.
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die Schatten nicht nur nicht zu dick untermalen, besonders aber
nicht so schwarz, nicht so braun oder so grau, als man sie sieht;
die Töne müssen aber wärmer gehalten werden, das heisst gol-
dener, als sie in der Natur oder in dem Gemälde sind, daßman
copirt. Dadurch erhält man den Vortheil, dass man mit gebro-
chenen Tönen, die etwas dunkler sind, darüber gehen kann, z. B.
mit grünlichen, grauen etc., die man nach Belieben modificirt, bis
man den rechten Ton erhält, indem man allezeit wenig Farbe
und halb durchsichtig, dazu nimmt, so dass man den unteren
warmen Ton etwas durchschimmern lasst.
Was die Reflexe betrifft, so impastirt man sie stärker-als die
Schatten, aber nicht so stark als die Lichter, und malt sie mit
Tönen, die so wenig Weiss enthalten, als möglich. Dies wird
nicht schwer fallen, sie so hell zu machen, als sie uns erscheinen,
wenn wir, statt des Weiss, Neapelgelb nehmen, was sehr gut
deckt, nur muss man zu den Mischungen für diese Reflexe wenig
oder gar keinen gelben Ocker hinzusetzen, denn man hat zu
befürchten, dass der Ton dadurch zu gelblich werden könnte.
Das Neapelgelb darf niemals zu den lichten Stellen des
Fleisches gebraucht werden, weil es sich verändert und sehr
grünlich wird, wenn es mit Zinnober oder Weiss vermischt ist.
Allein für die Reflexe ist es vortrefflich, wenn man es blos mit
rothem oder gelbem Ocker vermischt. Das Neapelgelb ist an und
für sich körperlich und hell genug, um die Stelle des Weiss zu
ersetzen, es wird durch die Vermischung mit diesen beiden Far-
ben nicht verändert, eben so wenig durch Lack, Ultramarinblau,
selbst nicht durch das Schwarzblau. Uebrigens, wenn es ja in den
Reflexen grünlich werden sollte, würde es eine weit weniger üble
Wirkung hervorbringen, als in den reinen Lichtern des Fleisches.
Wenn auf der Palette keiner von den Tönen dem erwünschten
Ton entspricht (wie dies oft geschieht), so muss man dennoch,
Wie schon gesagt, mit dem Pinsel ein wenig von dem Ton nehmen,
der am ähnlichsten ist, und. davon etwas auf eine reine Stelle
setzen. Hat man sich über die Art der Farbe, welche der Mi-
schung noch fehlt, eine sichere Meinung gebildet, so setzt man
sie dem Häuflein hinzu und vermischt sie mit dem Pinsel. Wenn
es nach dieser ersten Mischung scheint, dass es entweder nicht