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Achtzehnte Lection.
Uebermalmlg.
bräunlich, ein wenig Blau und mehr Gelb. Ist der Halbton rein
grau, so muss der Ton, um die warmrothe Untermalung zu decken,
aus einer Mischung von Gelb, rothem Ocker und Ultramarin zu
gleichen Theilen bestehen. Diese Farben werden eine Art von
Grau hervorbringen, welches, mit Hinzusetzung der gehörigen
weisslichen Localfleischfarbe, den verlangten Ton geben wird.
Allerdings muss man mit ganz kleinen Portionen von allen
den Tönen, die ich eben beschrieben habe, auf der Leinwand
Versuche anstellen, um den richtigen Ton zu erhalten, dessen man
bedarf und der erlangt werden muss, je nachdem die Stelle eine
andere ist, wodurch die Wirkung sich verändert und demgemass
auch der Ton der Farbe. Uebrigens wird man auf der Palette
diese Töne beinahe schon fertig finden; sie werden sogar schon
mit mehr oder weniger Weiss gemischt sein, je nachdem man sie
aus der zweiten oder dritten Stelle aus jeder Reihe nimmt; und
da man gleich Weiss, woraus alle die verschiedenen Töne der
Palette zusammengesetzt sind, und man nicht auf Gerathewohl
arbeitet, so Weiss man gewiss, dass man das nimmt, was man
nehmen soll, um diese oder jene warmrothe Untermalung damit
zu decken. Auf diese Art haben die berühmtesten Ooloristen,
ein Titian und Vandyk, gearbeitet; eben diese Methode befolg-
ten Vanderhelst, Ravenstein etc, und mehrere der besten
Maler und Coloristen der neueren Zeit bedienen sich dieser vor-
trefflichen Praxis. Was wir bisher in Bezug auf die anderen
und die mehr oder weniger starken Halbtöne gesagt haben, ist
besonders auch auf die eigentlichen Schatten anwendbar, aber
weit weniger auf die Reflexe. Zu den Schatten darf kein Weiss
genommen werden, im Gegentheil muss der Ton, womit man die
Untermalung deckt, mehr oder weniger dunkel sein, als diese.
Dies ist das Mittel, dem Tone des Schattens Tiefe zu geben,
damit er nicht mehlig 1) wird. Aus diesem Grunde muss man
1) Man nennt die Töne mehlig, die von viel weisseren und viel helleren
Farben gemacht sind, als die Untermalung. Folglich, wenn man einen breiten
und starken Schatten mit einem Ton übergeht, in welchem Weiss, Neapelgelb,
oder eine andere sehr undurchsichtige Farbe sich befindet, so bringt dies
einen ähnlichen Schein hervor, als wenn Marmor oder ein Mahagoni-Möbel mit
Staub oder Mehl bedeckt ist.