Das
Trocknen der
Untermalung.
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Nach drei Tagen im Sommer und acht bis zehn Tagen im
Winter betaste mandas Gemälde mit der Fingerspitze ganz leicht
und vorsichtig, um zu sehen, 0b die Farben noch an den Fingern
kleben; ist man versichert, dass sie nicht mehr kleben, so neige
man das Gemälde im entgegengesetzten Sinn, damit das Tageslicht
mehr senkrecht auf dasselbe falle: dieses wird die, Austrocknung
beschleunigen, ohne dass man von Staub etwas zu befürchten
hat, der sich nicht mehr darauf festsetzen kann. Ob die Farbe
hinlänglich trocken ist, erkennt man daran, dass, wenn man mit
dem Nagel ein Wenig darauf schabt, die Farbe fast wie Staub
abgeht, ohne sich in festen und biegsamen Streifen abzulösen.
Aber man muss sich nicht irre führen lassen; jede Parthie
nämlich, wo viel Weiss hineingemischt ist, erscheint schnell trocken,
weil das Weiss ein starkes Trockenmittel ist; deshalb muss man
braune und dunkle Töne mit dem Finger betasten, und an diesen
den Versuch machen. Sind diese "trocken, so sind es auch alle
übrigen I). Deshalb muss man sich der dunklen Farben ver-
sichern, des Schwarz, Braun, Gelb und besonders des Zinnobers
und der Lackfarben. Die beiden letzteren besonders würden in
mehreren Monaten nicht trocknen, wenn sie rein oder mit anderen
braunen Farben vermischt gebraucht sind, wenn man ihnen nicht
Trockenfirniss auf der Palette beimischt. Der Asphalt oder das
Judenpech würde, glaube ich, ohne Firnissniemals trocken wer-
den 2). Das Berlinerblau, so dunkel es auch ist, trocknet gut;
1) Ich muss irn- Voraus bemerken, dass überall, wo man genöthigt gewe-
sen ist, wenig oder viel Trockenöl zu Hülfe zu nehmen, die Farbe, 0b sie
gleich auf der Oberiläche nicht klebt, sich nicht bei dem Schaben in trocknes
Pulver verwandeln wird, weil das Hautchen, das sich auf diesen Parthieen
bildet, die Ausdünstung des Oels verhindert, dergestalt, dass sie darunter lange
Zeit weich bleiben. Dies hindert aber bei der Uebermalung nicht, denn sonst
müsste man vielleicht Jahre lang warten; aber eben dieses lehrt, dass man
Trockeniirniss nur solchen Farben heimischen muss, die ohne denselben gar
nicht trocknen würden.
2) Da ein junger Anfänger, so gut wie ein Künstler, durch die Länge der
Zeit ungeduldig werden könnte, ehe seine Untermalung so trocken wird, dass
er übermalen kann, so ist es rathsam, immer mehrere Untermalungen eine nach
der anderen zu unternehmen; dieses beschäftigt, und manist nicht gezwungen,
eine Untermalung vor der Zeit zu übermalen. Ausserdem erlangt man durch
dieses Studium Fertigkeit und Leichtigkeit in Behandlung der Farbe, so dass,