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Siebzehnte Lection.
Untermalung.
Die
dies der Fall, so wähle man Ton und Abstufung ungefähr aus
dem Gedächtniss; ist dieses nicht, so mische man sie nach der
von mir gegebenen Regel, aber man vermeide wohl, den Grund
überall von gleichem und einförmigem Ton zu machen, lieber lege
man breite nebelartige Flecken darauf, wie ganz leichtes Gewölk
von verschiedenen Farben, die verschmolzen und fast unkenntlich
sind: dies ist nicht so eintönig für das Auge, und wird_ über das
Ganze des Gemäldes eine sanfte Harmonie verbreiten.
Diese verschiedenen Flecken, wovon einige etwas bläulich,
andere röthlich, gelblich oder grünlich, aber sehr unkenntlich
sind, dienen einigermassen zum Ersatz für die verschiedentlich
colorirten Gegenstände, welche gememiglich das Ameublement
eines Zimmers ausmachen, fast als wollte man gleichsam, ohne
in's Detail zu gehen, einen gleichen Reichthum von Farbetönen,
die daraus entspringen, andeuten. Es ist möglich und sogar sehr
wahrscheinlich, dass ein Anfänger diese Aeusserungen nicht wohl
verstehen wird, allein bei weiteren Fortschritten wird er die Rich-
tigkeit alles dessen empfinden. Unterdessen rathe ich Gebrauch
davon zu machen, jedoch in sehr bescheidener Weise, damit Nie-
mand diesen verschiedenen Tönen eine besondere Aufmerksamkeit
widme, die blos ein harmonisches Ganze in Masse bilden sollen.
Ueberdies muss man vermeiden, diese Flecken zu nahe an den
Kopf zu bringen, sondern man muss sie vielmehr in einiger Ent-
fernung weiter an den Rändern und in den Ecken des Gemäldes
anbringen, sie müssen sich in einiger Entfernung um die Carnation
herum verlieren und unmerklich absterben, und alles dies mit
Ueberlegung und ohne die geringste Künstelei.
Alle Nebenwerke bei. der Untermalung muss man breit be-
handeln, ohne sich in kleinliche Details bei den Falten der Ge-
wänder oder der Haare einzulassen, sondern man lege sie 'in
grossen Massen an, in welchen besonders der Haupteffectl)
1) Man versteht unter Haupteifect die vorzüglichsten Massen der Schatten
und des Fleisches, welche dem Gegenstande erst ein gewisses Ansehen geben,
was ohne Beihülfe einer Menge von Details recht gut geschehen kann, die bis
zu anderer Zeit ausgesetzt werden: denn man muss bedenken, dass die Oel-
malerei nicht so behandelt wird, wie eine Zeichnung oder andere Arten der