Vollendung
durch
einzelne
Piuselstriche.
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Festigkeit und Bestimmtheit geben will, z. B. an der Nasenspitze,
an den inneren Winkeln der Augen, auf den oberen Augenlidern,
auf dem Nasenbein, in den Winkeln des Mundes u. s. w. Man
muss diese Drucker nicht zu sehr verschmelzen, indem man sie
zart machen will; sie würden alle Wirkung, die man sich davon
verspricht, verlieren; sie müssen in der Malerei das sein, was die
letzten weiss aufgesetzten Lichter in einer Zeichnung auf grauem
Papier sind. Man muss also die Retouche mit einer Art von
Keckheit und Freiheit auftragen, welche, ohne sie zu hart zu
machen, ihnen von dem Charakter nichts nimmt, den sie haben
müssen, um dem Kopfe Ausdruck und Relief zu geben. Daher
muss man sehr wohl Acht haben, dass diese einzelnen Pinsel-
striche übereinstimmend in Ton, Form und Proportion mit der
Muskel- oder der Knochenparthie sind, welche man charakterisiren
will; um dies zu erreichen, muss man die Natur oder sein Modell
mit Aufmerksamkeit studiren, ehe man sich auf die Leinwand wagt.
Ich habe mit den hellen Strichen den Anfang gemacht, weil
es besser ist, den Schüler anzuhalten, lieber hell als dunkel zu
malen, indem die Oelmalerei an und für sich die Neigung zum
Nachdunkeln hat. Wennder Schüler die dunklen Drucker zu-
erst und vor den hellen auftragt, so ist es wahrscheinlich, dass
er sie zu hart machen würde. Da jetzt aber durch diese letz-
teren das Aeusserste für einen hellen und brillanten Ton des
Werkes geschehen ist, braucht man nicht mehr zu fürchten, dass
er die dunklen Drucker zu kraftig andeuten werde; selbst die
Augen des Schülers würden dadurch beleidigt werden, indem er
selbst sehen würde, dass sie alle Harmonie zerstören.
Man bringt die kräftigen Drucker überall an, wo das Untere
zu schwach erscheint, und es an Charakteristik und Durchsich-
tigkeit fehlt. Die allerwesentlichsten sind gemeiniglich in_ den
Augen, besonders im Augapfel, in den Nasenlöchern, bei der
Trennung der Lippen, bisweilen auch in den Winkeln des Mun-
des u. s. w. Nicht allein die Aehnlichkeit, wenn man ein Portrait
malt, ist hierbei massgebend, sondern auch der Grad von Kraft,
welchen diQUntermalung bereits hat.
Es ist überflüssig, zu wiederholen, was ich schon öfters ge-
sagt habe, dass, ehe diese dunklen und hellen Drucker angelegt