der
Abstufung
Töne.
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scheint? Antwort: Man mache zuvor die Abstufung des Tons auf
der Palette, aber blos mit dem Pinsel, und um recht sicher zu
gehen, setze man zugleich auf die Palette ein wenig von dem
letzten Ton, den man auf das Gemälde gebracht hat. Hierauf
nehme man einen ähnlichen Ton, der aber nicht so hell ist, und
setze diesen letzteren dicht neben den ersten, man vergleiche sie,
und sehe ob es nöthig ist, ihn zu verändern. Findet man, dass
er zu sehr absticht, oder dass er noch nicht hinlänglich gebrochen
sei, so setzt man entweder von dem ersten Ton ein wenig hinzu
und vermischt ihn mit dem letzteren (aber immer mitj dem Pinsel),
oder, wenn er zu ähnlich erschiene und dadurch die allmälige
Abtönung aufhörte, die zur Rundung der Parthie erforderlich ist,
die man eben malt, so nehme man einen etwas dunkleren Ton
aus einer der nächsten Reihen und vermische ihn mit dem zum
Versuch aufgesetzten Fleckchen, und so weiter. Arbeitet man
auf diese Weise mit Vorsicht und Methode, so erreicht man
seinen Zweck, und setzt alsdann diese letztere Farbe dicht an die
vorhergehende, ohne Zaghaftigkeit und mit sicherem Strich. Alles
dieses lernt man nicht in einem Tage, für alle Dinge braucht
man Erfahrung. Allein man erschrecke auch nicht zu sehr vor den
Schwierigkeiten, welche diese Arbeit bei der blossen Beschreibung
zu haben scheint, denn es ist geschwinder und leichter ausgeführt,
als es sich beschreiben lässt, wenn man einmal einige Fertigkeit
erlangt hat; man kann sogar sagen, dass man arbeitet, ohne dass
man daran zu denken scheint, dergestalt, dass der Künstler alles
dieses ausführt, ohne die Unterhaltung mit seinem Modell zu
unterbrechen, und dennoch dabei alle seine Aufmerksamkeit auf
die Erreichung des richtigen Tons verwendet, sowie auf alles das,
was die Form, den Ausdruck, die Aehnlichkeit u. s. w. betrifft.
Ein Anfänger muss zu sich selbst sagen: „Andere als ich haben
diese Schwierigkeiten überwunden, ich kann und will sie also
auch besiegen." Mit einem festen Willen und einem energischen
und unveränderlichen Vorsatz kommt man überall zum Ziel, be-
sonders wenn uns die Natur die nothwendige Anlage zur Malerei
verliehen hat.
Oehnnl