75
Von diesen und noch von vielen anderen Opposi-
tionen finden wir Spuren innerhalb eines jeden guten
Bildes. Selbst bei. dem einfachsten Gegenstande der
Malerei, einer einzelnen Figur, dem Bildniss, treten sie
bereits auf in Fleisch, Kleidung, Schmuck und Hinter-
grund, und steigern sich an Zahl, je grösser der Raum
ist, den der Künstler aus der Natur entlehnt, um seine
Gomposition zu entwickeln, sei es für das Figurenfach,
für die Landschaft oder für das Stillleben etc. Alle
Gegensätze aber, auch die sich nicht direct auf Farbe
beziehen, wenn sie nur dem Sinne des Inhaltes ent-
sprechen, kommen auch dem Farbeneindruck des Bildes
zu gut, indem sie Klarheit und Verständlichkeit hervor-
rufen. In jedem bedeutenden dem Gedächtniss sich ein-
prägenden Bilde (falls es nicht eine friesartige Lange
hat) findet sich ein Hauptgegensatz, der alle andern
dominirt. Derselbe liegt ungefähr in der Mitte des
Bildes, oder doch nicht allzuweit von derselben entfernt.
Er enthält den Gegenstand, oder doch einen Haupttheil
des Gegenstandes, der den Künstler überhaupt zur Dar-
stellung veranlasst hat, bestehe derselbe nun in einer
oder mehreren Figuren, oder bei der Landschaft in Luft,
Bäumen, Felsen, Baulichkeiten, Thieren, oder in der
Marinemalerei in Schiffen, besonders interessanten Wellen-
bildungen oder dergleichen. An dieser Stelle des Bildes
befindet sich nicht weit von einander liegend und sich
theilweise berührend das höchste Licht und der tiefste