23
schreiblichen Zauber.
Die Sonne
ist in unseren Gesichts-
kreis getreten; unverhüllt ist unser Auge nicht im Stande,
ihre Strahlen zu ertragen, wir schützen es durch die
vorgehaltene Hand und schwelgen in der tiefer liegenden
Farbenpracht. Ein thörichtes Unternehmen wäre es,
im klaren Aether die unverhüllte Sonne selbst malen zu
wollen ;
können,
nicht ohne Schmerz im Auge sehen
für die Malerei nicht darstellbar. Da-
was wir
ist auch
gegen wird uns die ganze Farbenscala vom Zenith bis
zum Horizont bequem sichtbar, wenn ein Gewölk oder
Dunstmassen die Sonnenkugel. verdecken. Wir sehen
ihre Wirkung auf Aether, Wolken und Erde und ahnen
nur den hellsten Fleck, der hinter der Wolke steckt.
Solche Augenblicke sind annähernd darstellbar, und wir
können wohl sagen, dass sie das Aeusserste von Schön-
heit und Pracht in sich schliessen, was unsere Erde zu
bieten vermag." Unwillkürlich wird sich der Künstler
aufgefordert fühlen, seine Kräfte an dieser Aufgabe zu
erproben; aber auch dem Geschicktesten und Begabtesten
gelingt es nur selten, eine glückliche Darstellung dieser
Naturstirnmung zu erreichen. Vom Erhabenen zum
Lächerlichen ist nur ein Schritt, und neben dem höchsten
Grad von Schönheit liegt dieKarrikatur; der höchste
Farbenglanz um einen Grad übertrieben, fallt aus der
Harmonie und wird Rohheit. Je entschiedener und
intensiver die Farben auftreten, um so schwieriger wird
es, das rohe Material der Palette zu überwinden und zu