Meister des
18. Jahrhunderts.
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hat sich auch Watteau an dem Hauptmeister dieser Stilepoche,
an Rubens, herangebildet, aber er hat es zugleich verstanden über
diese Studien hinaus zu einer ganz originellen, hochpoetischen und
geistreichen Darstellung des inneren Wesens seiner Zeit durch-
"zudringen, welche sich mit aller Kraft von dem kalten und leeren
Pomp des Stils Ludwigs XIV. abwendete und sich wieder der
Natur in die Arme warf, wenn dieselbe auch keineswegs die wahre,
sondern eine opernhaft geschmückte war. Im ganzen lässt sich
nicht verhehlen, dass die Malerei des 18. Jahrhunderts einer
immer wieder an jede Epoche der Kunst zu stellenden Haupt-
forderung, wonach dieselbe ein treuer Spiegel ihrer Zeit sein soll,
in überraschender Weise gerecht geworden ist. Diese Leistung
ist ihr hoch anzurechnen, um so mehr, als es schwierig sein musste,
der so oft von einem Gegensatze zum anderen hin und her ge-
worfenen geistigen Strömung des 18. Jahrhunderts zu folgen. In-
des hat in der That nicht nur das Rokoko, sondern auch der nach
Verlauf desselben zu einer gewissen Einfachheit zurückkehrende Stil
Ludwigs XVI. sowie die dem gleichen Ziele zustrebende litterarische
Anregung der Encyklopädisten einen glücklichen Ausdruck gefunden;
diesmal durch die Malwerke Greuzes, Chardins u. a. Endlich spiegelt
sich in den Schöpfungen Jean Jacques Davids und seiner Schule am
Schluss des Jahrhunderts der Geist der Revolution und des darauf
folgenden Oaesarismus in einer Rückkehr zum Römertum wieder,
immerhin bedeutungsvoll genug, wenn es auch nicht gelang, das
beabsichtigte wahre Abbild der Antike heraufzuführen. Die in
den deutschen Galerien vorhandenen, dem 18. Jahrhundert an-
gehörenden Bilder können allerdings nur ein sehr lückenvolles
Bild der mächtig iiutenden Bewegung vermitteln. Louis de S'il-
vestre der Jüng., geboren zu Paris 1675, gestorben daselbst 1760,
Schüler des Oh. Le Brun und Bon Boullognes, seit 1693 in Italien,
seit 1700 wieder in Paris, seit 1716 als Oberhofmaler in Dresden,
1748 nach Paris zurückgekehrt, ist ein talentvoller Maler. In dem
Plafondbilde des mathematischen Saals im Zwinger zu Dresden,
die Erhebung der Psyche zum Olymp darstellend, bricht wirklich
wieder ein Schimmer der Farnesina hervor. Das blühende Kolorit,
die jugendlich vollen Formen dieser auf Wolken gruppierten grossen
Kinder, alles das stimmt ganz gut zu dem beabsichtigten Eindruck
träumerisch sinnlichen Behagens. Später wollte Silvestre nur noch
Porträts malen; sein letztes Bild, ein heiliges Abendmahl, befindet
sich in der Hofkirche zu Dresden. Im Museum zu Dresden
werden von ihm bewahrt: das Bildnis des Baumeisters und Generals
Jan de Bodt in grauer Perücke und Brustharnisch, als Kniestück;
Nessus und Dejanira: der Kentaur hält Dejanira in den Armen
und durchschreitet mit ihr den Fluss, Herkules ist im Begriff, ihr