Schule
Utrechter
des
17. Jahrhunderts.
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nehmen die holländischen Schulen einen desto unabhängigeren
nationalen Anlauf, gestützt durch eine streng realistische Auffassung
der Lebenswirklichkeit. Indes ging diese Einkehr der holländischen
Kunst in das heimatliche Wesen erst nach der Mitte des 17. J ahr-
hunderts recht vor sich, in einer Zeit, als das holländische Volk
nach blutigen Kämpfen sich seine Freiheit erobert und einen
eigenen unabhängigen Staat gegründet hatte; denn im 16. Jahr-
hundert und noch in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts
standen die holländischen wie die vlämischen Künstler gleichmässig
unter italienischem Einflüsse.
Utrechter Schule. Bei den für Utrecht in Betracht
kommenden Meistern ist das italienische Element noch stark über-
wiegend gegen das echt holländische. Abraham Bloenzaert, geboren
zu Gorkum 1564, gestorben zu Utrecht 1651, Schüler des Joost
de Beer in Utrecht, in Paris unter Hier. Francken d. Ält. weiter-
gebildet, thätig zu Amsterdam und hauptsächlich zu Utrecht, wo
er eine unter italienischem Einflusse stehende Schule gründete.
Die Galerie in Dresden hat von ihm die Studie zu einem männ-
lichen Brustbild, und die Kreuzigung Petri (Nr. 1235 und 1236);
in der Pinakothek zu München von ihm Plato von seinen Schülern
umgeben, und die Erweckung des Lazarus, farbenkräftig, aber in
einer gewissen akademischen Nachahmung der Italiener (Nr. 306
und 307); im Museum zu Braunschweig: die Geburt Christi in
halben Figuren; die Predigt des Johannes in der Wüste; und
Petrus und Paulus, als Brustbilder (Nr. 171-173). Von demselben
Meister im Museum zu Hannover die Anbetung der Hirten;
und aus seiner Schule eine Köchin in der Küche mit Vorräten,
im Hintergründe ein zweites Mädchen am Feuer (Nr. 32 und 33);
im Rudolfinum zu Prag von ihm das Leben der ersten Menschen:
ein in Felle gekleideter junger Mann gräbt, zwei grössere Kinder
lesen die Steine aus der Erde, unter einem Baum sitzt ein junges
Weib mit dem Spinnrocken u. s. w. (Nr. 42); im Museum zu
Breslau eine Gesellschaft von Flussgöttern und Nymphen im
Vordergrund einer Gebirgslandschaft, im Mittelgrund die Ver-
wandlung der Daphne in einen Lorbeerbaum, weiter oben Apollo
(Nr. 656). In der Kunsthalle zu Karlsruhe befindet sich von
Abr. Bloemaert eine Hirtin mit der Traubenschale, halb ideal auf-
gefasst, als lebensgrosses Kniestück (Nr. 222); in der Harrachschen
Galerie zu Wien von ihm: ein Wildbrethändler und eine Frau in
dessen Laden, am Tische viel Gedügel, ein Hase und ein Hund an
diesem schnuppernd (Nr. 27); die Erweckung des Lazarus durch
Christus, daneben die Schwestern und zuschauendes Volk (Nr. 30);
und eine italienische Gebirgslandschaft mit einem Fluss und Staf-
fage (Nr. 100); in der Ozerninschen Galerie in Wien ein Dude1-