Vlämische
Schule,
17. Jahrhunderts.
Hälfte
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kamen nun erst neben der Historienmalerei zu eigentümlicher
Blüte und breitester Entfaltung. Im Sittenbilde arbeitete sich
namentlich die Schule der Brueghels aus dem Manierismus der
italienischen Nachfolge zu einer eigenartigen Naturauifassung hin-
durch. Eine besondere Bedeutung gewann aber die Landschafts-
malerei; es bildete sich in dieser eine neue Richtung des Ideals,
eine neue Klasse des poetisch Schönen in der Kunst aus. Von
Paul Bril dem Jüngeren ging die Vermittelung zwischen der alten
bunten, phantastischen Art der niederländischen Landschaft mit
dem idealen Stil der Italiener aus; er malte in Rom hochpoetische
Stimmungsbilder, welche auf die Wiedergabe der Totalerscheinung
der Natur in Luft und Licht ausgingen, und nicht nur bei seinen
Landsleuten eine verständnisvolle Nachahmung fanden. Mit diesen
Bestrebungen bereitet sich die zeitlich kaum unterschiedene grosse
Epoche der niederländischen Malerei vor, als deren Hauptrepräsen-
tanten auf vlämischer Seite Rubens, auf holländischer Frans Hals
und Rembrandt gelten müssen.
Hieronymus Francken, geboren zu Herenthals 1540, gestorben
1610 zu Paris, war erst Schüler seines Vaters, dann des Frans
Floris, er war schon 1566 in Fontainebleau, später in Paris thätig.
Von ihm hat die Galerie in Dresden die Enthauptung Johannes
des Täufers, rechts überreicht eine Alte das Haupt auf einer
Schüssel der Tochter der Herodias (Nr. 855); in der Harrachschen
Galerie in Wien von ihm ein heiliger Jüngling, der sich auf Befehl
einer Königin in einen Brunnen stürzt (Nr. 399). Frans Francken
geboren zu Herenthals 1542, gestorben zu Antwerpen 1616, Bruder
des vorigen, Schüler des Frans Floris, ist in Antwerpen thätig.
Es setzte die Richtung des Floris fort und malte dieselben langen
Gestalten mit noch gesteigerter technischer Geschicklichkeit, aber
geringerem geistigen Gehalt. Ein Christus auf dem Wege nach
Golgatha mit grossartiger Landschaft und schwarz bewölktem
Himmel, in der Galerie zu Dresden (Nr. 856), kann ihm mit
Sicherheit zugeschrieben werden. Die kaiserliche Galerie in Wien
hat von ihm: Christus wird von Pilatus dem Volke gezeigt, vor
der erhöhten Bühne drängt sich eine lärmende Volksmenge (Nr. 834);
und Krösus dem Solon seine Reichtümer zeigend, von einer zahl-
reichen prächtig gekleideten Gesellschaft begleitet, im Hintergrunds
in der Landschaft der Scheiterhaufen, auf dem Krösus verbrannt
werden soll (Nr. 835). Von demselben im Museum zu Stuttgart
die Anbetung der heiligen drei Könige (Nr. 585); und derselbe
Gegenstand nochmals in veränderter Anordnung (Nr. 590); in der
Harrachschen Galerie inWien nach ihm: Christus wird von Pilatus den
Juden gezeigt, unter Christus ist der Kerker des Barabbas sichtbar
(Nr. 344). Die Sammlung im Schlosse zu Aschaffenburg besitzt