214
Niederlande.
Südliche
eine eigene Poesie des Gemein-Wirklichen vor allem geltend,
namentlich in den Werken der Holländischen Schulen.
Die Entwickelung der besonders im unvergleich-
lich reichhaltig quellenden niederländischen Malerei lässt sich in
den deutschen Galerien bei weitem besser verfolgen als die der
italienischen, da in diesem Falle der llrIangel der Wandfresken,
die auch in den Niederlanden selbst, wenigstens in der Blütezeit,
nicht vorhanden sind, kein Hindernis ahgiebt. Die niederländische
Malerei, die fast durchaus als Tafelmalerei auftritt, ist ausser in
ihrem Ursprungslande selbst wohl am reichsten in den deutschen
Galerien vertreten.
Südliche Niederlande. HltbCN van Eyck, geboren zu
Maaseijck um 1376, gestorben zu Gent 1426, ist in Gent thätig;
Jan van Eyck, geboren zu Maaseijck um 1390, gestorben zu
Brügge 1440, Schüler seines älteren Bruders Hubert, ist nach-
einander in Gent, in Haag, in Lille und nach einer Reise in
Portugal und Spanien bis zu seinem Tode in Brügge thätig. Das
Hauptwerk der beiden Brüder, zugleich das bedeutendste Werk
der altniederlandischen Schule, ist das für die Kapelle des Jodocus
Vyt in der Kirche zu St. Bavo in Gent ausgeführte, 1432 vollendete
Altarwerk, von welchem sich sechs beiderseitig bemalte Tafeln, die
Anbetung des Lammes darstellend, im Museum zu Berlin befinden.
Das Werk verbindet die grossartige architektonische Schönheit des
Mittelalters mit der Lebensfülle, welche bereits den Geist der
Renaissance atmet; wenn die oberen Gestalten noch einen hohen
Grad symmetrischer Strenge zeigen, so ist in der unteren Bilder-
reihe schon der Zauber der Landschaft aufgegangen, es öffnet sich
dem Blicke eine lichtgehaltene Ferne. Nr. 512 zeigt den Zug der
gerechten Richter, als reichgekleidete Ritter zu Pferde, auf dem
Hintergrund einer bergigen Landschaft; nach alter Überlieferung
soll der vorderste auf einem Schimmel den Hubert, der Reiter im
schwarzen Kleide den Jan van Eyck vorstellen. Nr. 513, die
Streiter Christi, reiten als Ritter in vollem Waffenschmuck, einem
Zuge von sechs reichgekleideten Reitern voran, unter denen sich
vier gekrönte Häupter befinden, den Hintergrund bildet eine
waldige Landschaft mit den fernen Alpen. Nr. 514 enthält acht
singende Engel in reichen Messgewändern; Nr.5l5 die musizierenden
Engel, vorn rechts ein Engel die Orgel spielend, zur Rechten,
weiter zurück, fünf Engel; beide Bilder haben im Hintergrunde
Himmel. Auf Nr. 516 schreiten die heiligen Einsiedler Paulus und
Antonius einem Zuge von Einsiedlern voran, den Magdalena und
Maria von Ägypten beschliessen; den Hintergrund bildet felsige
Landschaft mit südlicher Vegetation, ebenso auf Nr. 515, welches
den heiligen Christoph an der Spitze eines Zuges von siebzehn