Volltext: Malerei (Bd. 4)

Venezianische 
und Veronesische 
Schule, 
Jahrh. 
115 
die unter dem Schutze der hier in Gestalt griechischer Götter er- 
scheinenden himmlischen Mächte sich vollziehen (Nr. 240-246). 
Francesco Tarbido, genannt il Moro, gestorben nach 1546, steht 
wohl unter dem Einflusse des Bonifacio Veronese und ist haupt- 
sächlich in Verona thütig; er gehört zu den Vorläufern des grossen 
Paolo Caliari. Von Torbido hat das Museum in Stuttgart eine 
Anbetung der heiligen drei Könige (Nr. 45) und eine Anbetung 
der Hirten (Nr. 64); in der Galerie zu Augsburg eine angeblich 
von ihm stammende Verklärung Christi, zwischen Elias und Moses, 
vorn schlafen die Jünger (Nr. 271). In diesen Kreis gehört auch 
Paolo Farivzato, geboren zu Verona 1525, gestorben daselbst 1606; 
er hat in seinen Tafelbildern den Paolo Caliari nicht erreicht. Von 
ihm besitzt die kaiserliche Galerie in Wien ein heidnisches Opfer 
(Nr. 187): vor einem Opferaltar kniet ein zarter Jüngling, sich zu 
einem greisen Priester wendend, mehrere Personen umstehen diese 
Gruppe, rechts eine hohe Frauengestalt mit zwei Kindern und 
neben ihr ein Hirt; dann eine Pietas (Nr. 188), der Leichnam 
Christi ruht im Schosse seiner Mutter, zur Seite knieen heilige 
Frauen, weiter zurück am Kreuzesschaft steht der heilige Johannes, 
zur Linken Marias Joseph von Arimathia; im Museum zu Berlin 
von ihm die Darstellung Christi im Tempel, Simeon nimmt von 
Maria das Kind entgegen, zwischen ihnen eine Magd mit den 
Tauben, links Joseph, ringsum Zuschauer (Nr. 305); eine zweite 
Darstellung desselben Gegenstandes von ihm befindet sich in der 
Galerie zu Dresden; hier hält Maria das Christkind in den Armen, 
über welches der Priester schützend seinen Mantel breitet, links 
stehen Joseph und Frauen, weiter zurück eine Gruppe von Männern, 
deren vorderster einen Krüppel beschenkt, rechts die Schrift- 
gelehrten (Nr. 223). Die schönere Seite der damaligen venezianischen 
Malerei giebt Paolo Caliari, genannt Veronese, geboren zu Verona 
1528, gestorben zu Venedig 1588; er ist aus der Schule seiner 
Vaterstadt hervorgegangen und hat sich" an den grossen Vene- 
zianern weiter entwickelt. Paolo hob die venezianische Existenz- 
malerei auf ihre höchste Stufe; am berühmtesten sind seine Gast- 
mahler, für welche der biblische Vorgang nur den Vorwand ab- 
gab, die aber eigentlich dazu dienten, alle Pracht und Herrlichkeit 
der Erde und ein schönes Menschengeschlecht im vollen Genusse 
des Daseins zu schildern. Die Färbung dieser grossen Bilder ist 
aber, ungeachtet der verschwenderisch ausgebreiteten Farbenpracht, 
dennoch im höchsten Grade harmonisch, man könnte sagen im 
besten Sinne dekorativ. Die Galerie in Dresden besitzt von ihm: 
die Madonna mit der Familie Caccina: Maria vor reichem Gold- 
stoffvorhange mit dem Kinde throuend, vorn knieen Johannes der 
Täufer und der heilige Hieronymus, hinter dem ein Engel steht, 
 S,
	        
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