Venezianische
Schule,
16. Jahrhundert.
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beiden Schwestern auf den Flügeln des Windes; Psyche belauscht
den schlafenden Amor (Nr. 456): in einem von Säulen getragenen
Gemach liegt der nackte Amor schlafend, links neben dem Bett
steht die ebenfalls unbekleidete Psyche, in der Linken die Lanze,
in der Rechten einen Dolch hochhaltend; und Johannes der Täufer
predigt in der Wüste (Nr. 457), Hintergrund felsige Landschaft in
Abendstimmung; nur vermutungsweise dem Meldolla zugeschrieben.
Domenico Theotocopuli, genannt il Greco, geboren um 1548 in
Griechenland, gestorben 1625 in Toledo, war Gehilfe des Tizian
und gehört mit seinen Jugendbildern der Venezianischen Schule an.
Die Heilung des Blinden von ihm in der Galerie zu Dresden
(Nr. 276): der Blinde vor Christus knieend, links fünf Zuschauer,
rechts die Apostel, gehört zu seinen Jugendwerken, ebenso das
männliche Bildnis von ihm in der kaiserlichen Galerie in Wien
(Nr. 446), einen jungen Mann in schwarzer Kleidung darstellend.
Unter den Schülern und Gehilfen Tizians ist sein Bruder Francesco
Veccllio, geboren wahrscheinlich nach 1477, gestorben 1559 zu
Pieve di Oadore im Friaul; seine Malweise nähert sich sehr der
Tizians. Eine thronende Maria mit dem Kinde, Heiligen und zwei
musizierenden Engeln von ihm befindet sich im Museum zu Berlin;
im Rudolfinum zu Prag von ihm das Bildnis eines schwarz-
gekleideten llrIannes auf dunklem Grunde (Nr. 702); in der Harrach-
sehen Galerie zu Wien: das Christuskind den kleinen Johannes
küssend (Nr. 305). Von Cesare Vecellio, einem Enkel Tizians, ge-
storben 1606 zu Venedig, befindet sich ein jugendlicher Kopf in
Fresko, aus Belluno stammend, im Rudoliinum zu Prag (Nr. 495)-
Zu den talentvollsten Nachfolgern Giorgiones und Tizians gehören
die Brüder Bonifacio," sie bleiben noch ganz naiv, wenn auch ohne
Adel der Auffassung, und bewahren als Erbteil der Schule ein
glänzendes Kolorit. Der ältere Bonifacio Veronese, geboren zu
Verona, gestorben zu Venedig 1540, Schüler des Palma vecchio,
später von Tizian beeinflusst, meist in Venedig thätig, ist der be-
deutendere und ist in der Galerie zu Dresden durch die Findung
Mosis und den Heiland mit der Weltkugel (Nr. 208 und 209) ver-
treten. Auf dem ersten Bilde überreicht eine Begleiterin den
Findling der von ihrem Hofstaat umgebenen Prinzessin, während
im Hintergrunde der Korb mit dem Kinde aus dem Wasser ge-
fischt wird; auf dem zweiten Bilde erscheint die Halbfigur des
Heilands auf grauem Grunde und legt die rechte Hand auf die
vor ihm liegende Weltkugel. Im Museum zu Stuttgart mehrere
dem älteren Bonifacio zugeschriebene Bilder: die Anbetung der
Hirten (Nr. 10); die Anbetung der Könige (Nr. 41); ein Hirt be-
trachtet eine schlafende Nymphe (Nr. 130); und eine Allegorie, die
Venetia überreicht dem Löwen von S. Marco Schwert und YVage,