Tafelmalerei:
Nieder-
und Mittelrhein.
65
Bedürfnisse. S0 waren es denn vor allem die religiösen Stiftungen,
welche dem Maler Beschäftigung gaben; und die gotische Bauweise
beschränkte die Leistungen im wesentlichen auf die Tafelmalerei.
Das Technische anbelangend, so blieben wohl noch eine
Zeitlang die Temperafarben im Gebrauch, aber bald wurde die
in den Niederlanden ausgebildete Ölfarbenmalerei allgemein und
leistete der neuen realistischen Richtung einen gewaltigen Vorschub.
Nieder- und Mittelrhein. Auch in dieser Periode, bis über die
Mitte des 15. Jahrhunderts hinaus, bewahrte die Kölnische Maler-
schule die schon früher eingenommene herrschende Stellung. Der
Name Meister Stephans, des Malers des Dombildes in Köln, ist
durch Dürers Tagebuch erhalten. Das Bild stand damals (1520-21)
noch in der Batskapelle und ist erst 1810 in den Dom gelangt.
Meister Stephan wird zuerst 1442 genannt und scheint zwischen
1450 und 1451 gestorben zu sein. Nach den Schreinsurkunden
hiess der Meister Stephan Lochner und stammte aus Meersburg bei
Konstanz, gehört aber als Künstler ganz in die Kölnische Schule.
Das Dombild ist ein dreiteiliges Altarwerk; bei geschlossenen
Flügeln sieht man ein rückwärts mit einem Teppich abgeschlossenes
Gemach, in welchem Maria den Gruss des Verkündigungsengels
entgegennimmt. Werden die Flügel geöffnet, so erscheint eine
farbenstrahlende Gesellschaft schöner, meist jugendlicher Gestalten.
Auf der Mitteltafel Maria mit dem Kinde, von den drei Königen
angebetet, das reiche Gefolge derselben auf den Flügeln, zwei
Scharen heiliger Männer und Frauen, geführt von den Schutz-
heiligen Kölns, der heiligen Ursula und dem heiligen Gereon.
Nur der Maria ist die ideale Tracht geblieben, alle übrigen Ber-
sonen erscheinen in der Modetracht der Zeit. Die Gestalten sind
gegen üüher mit mehr Naturwahrheit dargestellt, und in den
Männerköpfen tritt entschiedene Individualisierung hervor. Die
Zeit der Entstehung des Altars liegt zwischen 1440 und 1450.
Von hoher Schönheit ist ein im kölnischen erzbischöflichen Museum
befindliches Bild, die heilige Jungfrau mit dem Kinde, stehend, in
mehr als Lebensgrösse. Zu ihren Füssen kniet rechts, sehr klein,
die Stifterin. Der Boden ist mit Kräutern bewachsen, ein Teppich,
den zwei Engel halten, bedeckt den Hintergrund, dessen oberes
Drittel Goldgrund zeigt, auf diesem erscheint in der Höhe die
Taube des heiligen Geistes, links Gottvater und rechts drei singende
Engel. Das Bild zeigt noch den Übergang von der alten Schule
zur Art des Dombildes, kann aber dennoch gleichzeitig mit diesem
entstanden sein. Maria in der Rosenlaube (Wallrv-f-Rißllßrtz-Mlls.
Nr. 45) ist eine liebliche Schöpfung des Meisters Stephan. Maria
sitzt auf blumenreicher Wiese, das Jesuskind auf dem Schosse,
Von Engeln umgeben, oben blickt Gottvater mit der Taube des
Ebe, Cicerone. III. 5