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Früh-
und
Hochgotik.
troffenen Ausdruck für das Ideal der Zeit bilden. Die Technik
der Malerei blieb dieselbe wie in romanischer Zeit und unter-
schied sich wenig von derjenigen der Miniaturmalerei; es kommen
Temperafarben zur Verwendung, sowohl in der Wand- wie in der
Tafelmalerei.
1m ganzen war die gotische Epoche wenig günstig für die
Entfaltung der Wandmalerei; der mächtige Orden der Cister-
cienser verbot die Anwendung derselben in den Kirchen, das
gotische Bausystem selbst entzog der Malerei die Wandiiächen
und bald auch die durch Rippen vielfach geteilten Gewölbe. Die
Zahl der aus diesem Zeitraums überkommenen Wandmalereien ist
deshalb auch nicht gross, obgleich die Glasmalereien der
grossen Fenster, soweit dieselben erhalten sind, einen nicht zu
unterschätzenden Ersatz bieten. Die wichtigsten Denkmäler der
Malerei dieser Epoche bieten die Rheinlande, dann folgt Böhmen
und der Süden Deutschlands.
Nieder- und Mittelrhein. Von den Malereien der abgebrochenen
Deutschordenskirche zu Ramersdorf im Siebengebirge sind
Durchzeichnungen und Aquarellkopien im Berliner Kupferstich-
kabinett erhalten. Die Ohornische enthielt Bilder aus der Kind-
heitsgeschichte Christi; am Gewölbe war Gottvater als Welten-
schöpfer, umgeben von den Zeichen der Elemente, dargestellt.
Das mittlere Gewölbe des Mittelschiffs zeigte die Krönung der
Jungfrau mit musizierenden Engeln und Michael als Drachentöter;
an den bemalten Kappen der Seitenschiffe erschienen die heilige
Elisabeth und die heilige Katharina, im westlichen Joch das J üngte
Gericht u. s. w. Die Gestalten sind schlank, die Köpfe zu klein,
aber mit dem gelungenen Ausdruck himmlischer Unschuld. Die
Malereien gehören der Frühzeit des 14. Jahrhunderts an. Um die
Mitte des Jahrhunderts erhalten auch die Nebenkapellen des Chors
malerischen Schmuck. Die Malereien an den Ghorschranken
des Kölner Doms, für gewöhnlich nicht sichtbar, sind etwa 1322
entstanden. An der Evangelienseite sollten die Legenden des
heiligen Petrus und des heiligen Silvester Platz finden, an der
Epistelseite die der heiligen Jungfrau und der heiligen drei Könige.
Den unteren Teil der Wandfelder füllen spitzbogige Arkaden, in
welchen auf der Evangelienseite Bischöfe, auf der Epistelseite
Kaiser in statuarischer Haltung dargestellt sind. Darüber folgen
in sieben, wieder von Arkaden eingefassten Feldern die Haupt-
szenen der Legenden. Oberhalb der Spitzbogen, auf braunrotem
Grunde sieht man possenhafte Szenen, in der Art der Buchmalereien.
An dem Inschriftenfries unter den Hauptbildern zeigen sich vor
und hinter der Schrift jene kecken Figürchen, welche die fran-
zösische Buchmalerei der deutschen übermittelt hatte. Die Marien-