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Realismus u.
Jahn-h.
Kolorismus in der 2. Hälfte des 19.
Karl von Piloty (1826-1886) ist der Hauptvertreter der rea-
listischen Historienmalerei in München und zugleich der Begründer
einer bedeutenden Schule; er wurde 1875, nach W. Kaulbachs
Tode, Direktor der Akademie. Piloty setzte zunächst das litho-
graphische Atelier seines Vaters in München fort und besuchte die
Akademie, bildete sich aber mehr nach Rubens und van Dyck,
als nach diesen. Ein längerer Aufenthalt in Antwerpen und Paris
vollendete seine koloristische Entwickelung; er erwarb sich ein"
glänzendes Können in der Behandlung des Stofflichen. Er malte
für das Maximilianeum in München die „Gründung der'katho-
lischen Liga durch Herzog Maximilian von Bayern", die nur als
Repräsentationsstück gelten kann, da. die gleichgültigen Figuren
des Vordergrundes das Hauptinteresse in Anspruch nehmen. Eine
grössere Wirkung brachte „Seni an der Leiche Wallensteins", von
1855, jetzt in der Neuen Pinakothek in München (Nr. 1) hervor;
hier fesselt die tragische Grösse des Vorgangs. Später gewann
bei Piloty das theatralische Wesen die Überhand über das echt
künstlerische Empfinden, für dessen Mangel die glänzende Technik
nicht entschädigen konnte. Die Neue Pinakothek in München hat
von ihm noch „Thusnelda im Triumphzug des Germanicus" (Nr. 2);
im Museum zu Stuttgart, der Studienkopf zu einem Nero und
drei Skizzen zu den Fresken am Maximilianeum in München
(Nr. 655 und 660), Sängerkrieg auf der Wartburg, Stiftung des
Klosters Ettal und Gründung der Universität Ingolstadt; im Museum
zu Köln „Galilei als Gefangener", von 1861 (Nr. 990); im Stadt-
museum zu Königsberg „Das Kloster Frauen-Chiemsee von der
Äbtissin im Dreissigjährigen Kriege vor den plündernden Soldaten
geschützt", von 1868 (Nr. 273); in der Schackgalerie zu München
"Kolumbus in dem Moment, als er die Neue Welt zum erstenmal
erblickt" (Nr. 103); in der Nationalgalerie in Berlin "Alexander
der Grosse, sterbend von seinem Heere Abschied nehmend"
(Nr. 537), letztes, nicht ganz vollendetes Bild des Meisters. Aus
der Schule Pilotys ging Hans Makart hervor, geboren 1840 zu
Salzburg, gestorben zu Wien 1884. Er ist der grosse Kolorist,
der die Farbe als selbständige Macht in die Erscheinung führt.
Makart machte Reisen nach London, Paris und Italien, blieb aber
mit seinen ersten Arbeiten, namentlich auch mit den Illustrationen
zu Uhlands Gedichten im Pilotyschen realistischen Kreise; erst
später kam es zu einer grösseren Hervorhebung des Koloristischen
auf Kosten der Form und des Gedankeninhalts. Im Jahre 1869
erhielt Makart einen Ruf nach Wien und entfaltete daselbst eine
äusserst fruchtbare Thätigkeit. Es entstanden meist Werke, die
eine phantastische Sinnlichkeit zeigen. Die Neue Pinakothek in
München hat von ihm „Abundantia, die Gaben des Wassers und