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Epoche.
Spätromanische
andere überraschen durch frische, dem Leben abgelauschte Züge.
In der Technik zeigen sich alle Stufen zwischen vollständiger Deck-
malerei und leicht angetuschter Federzeichnung. .In den Bildern
zu den Gleichnissen wird jedes Stück des Hausrats, der Rüstung,
der Gewänder mit Sorgfalt geschildert. Es fehlen auch nicht
Äusserungen einer hochiliegenden Dichterphantasie, wie der auf
einem Greifen hinsausende Aar als Personifikziticn der Luft, dann
die grossartige Superbia, auf einem mit dem Löwenfell bedeckten
Pferde hinstürmend. Für porträtartige Treue reicht die Kraft der
Malerin nicht aus, die Klosterinsassen am Schluss sind nur durch
die beigefügten Namen zu unterschdiden.
Die Reihe der Illustrationen von zeitgenössischenDich-
tun g en, Chroniken, Rechtsbüchern, Legenden eröEnetWernhers von
Tegernsee „Liet von der Magst"; die Dichtung ist 1173 vollendet,
die mit Abbildungen versehene Handschrift in der König]. Bibliothek
zu Berlin (Ms. germ. ret. Oat. acc. 778) muss kurz danach, gegen
Ende des 12. Jahrhunderts, angefertigt sein. Das Buch enthält
85 Federzeichnung-an, teils mit roter, teils mit schwarzer Tinte,
meist auf blauem Hintergründe mit grünem Rahmen, Ornamental-
teile sind mit Gold und Silber aufgetragen. Vier Vorbilder sind
dem Marienleben vorangeschickt: der Sprosse aus dem Stamm
Jesse, Salomons Urteil, die Jiakobsleiter und Jakobs Kampf mit
dem Engel. Dann beginnt die Schilderung vom Leben des heiligen
Joachim. Wenn Juden auftreten, erscheinen sie mit dem Spitzhut.
Unter den Darstellungen des eigentlichen Marienlebens fällt der
bethlemitische Kindermord durch leidenschaftliche Bewegtheit auf.
Die Verhältnisse der Figuren sind noch richtig, die Köpfe meist
zu gross, die Leiber zu schmal, die Gesichter unförmig, aber neben
dem kräftigen Ausdruck der Leidenschaften gelingen dem Maler
Szenen von kindlicher Anmut und Lieblichkeit. Die Abschrift ist
zu Tegernsee in Bayern entstanden. Um dieselbe Zeit? und gleich-
falls im südlichen Bayern entstand die Bilderhandschrift der Eneit
des Heinrich von Veldecke, jetzt in der Königl. Bibliothek zu
Berlin (Ms. germ. fol. 282). Das Buch enthält 71 Bilder, Feder-
zeichnungen, teils auf grünem, teils auf blauem Hintergründe,
Szenen aus der Geschichte des Äneas, von Trojas Belagerung bis
zur Einnahme von Montalban. Die Formen sind unbehilflicher
als die des Marienlebens, doch durchaus naiv, Turniere, Kämpfe,
Seefahrten, Jagden werden mit Vorliebe geschildert, aber Liebes-
szenen und häusliche Darstellungen gelingen besser.
Nachklänge älterer Formensprache Buden sich noch in der
Berliner Handschrift der Legende der heiligen Lucia (Hdschr.
die aus dem Vincenzkloster zu Metz stammt, vom Ende des
12. Jahrhunderts. Als Schreiber nennt sich Bruder Rtbdülphiß.