Tafel-
Buchmalerei:
und
Tirol
Salzburg
CtC.
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in der Überfülle unruhigen Gefaltels. Die Felder sind durch
plastisch vertretende Säulen, welche Rundbogen tragen, abgetrennt.
In den vier Zwickeln oben vier Engel in Halbiiguren. Die Bilder
haben Goldgrund. Ein Kruzifix in derPatroklikirche zu Soest
zeigt auf der Rückseite den Gekreuzigten in altertümlich herber
Malerei. Ein Antependium im Kloster Lüne bei Lüneburg, aus
dem letzten Viertel des 13. Jahrhunderts stammend, zeigt in der
mittleren Abteilung die Dreifaltigkeit, in den beiden seitlichen je
vier Szenen aus der Geschichte Christi. Es sind gotische Einzel-
heiten vorhanden. Im Paulusmuseum zu Worms befindet sich
ein Altarflügelbild aus dem Beginn des 13. Jahrhunderts, aus der
J ohanniskirche daselbst stammend. Der eine Flügel zeigt auf der
Vorderseite die Gestalt des heiligen Petrus, auf der Rückseite die
des heiligen Stephanus; der andere Flügel enthält auf der Vorder-
seite den heiligen Paulus, auf der Rückseite einen heiligen Bischof.
Die Darstellungen sind auf Goldgrund gemalt. Die Gewänder sind
sehr mannigfaltig auch in der Farbe. Die Architektur erinnert an
die Buchmalereien. Eine Tafel in der Stiftskirche des fränki-
schen Heilbronn mit vier Darstellungen aus der Geschichte
Christi überträgt die kolorierte Ümrisszeichnung auf die Tempera-
Inalerei. Der Altaraufsstz aus Rosenheim, im Nationalmuseum zu
München (Saal II Nr. 22), gehört schon der Frühzeit des 14. Jahr-
hunderts an, ist fein in der Zeichnung, erreicht aber nicht den
Soester Altaraufsatz in Berlin. Der Rosenheimer Altar stellt die
Krönung Marias und die zwölf Apostel dar.
Die Buchmalerei wendet sich nun vielfach weltlichen Stoffen,
den damals entstehenden grossartigen Dichtwerken zu und ver-
sucht sich an diesen in selbständigen Gestaltungen. Die Initial-
ornamentik hat indes ihren Höhepunkt überschritten; das ge-
steigerte Empfindungsleben und der erwachende Natursinn drängten
die Ornamentik zurück. Die Bandornamentik verschwindet fast
vollständig, und auch die Pflanzenornamentik gewinnt andere Züge-
Jetzt sondern sich von dem Rankenwerk Stengel, welche körper-
haft dargestellte, krautige, oft bestimmten Naturformen nachgebildete
Blätter tragen, und an Stelle der Knospen treten aufgeschlossene
Blumen. In diesem Rankenwerk wird die Tiergestalt in realistischer
Auffassung verwendet, allerdings mit Einschluss der Fabeltiere.
Auch das Bilder-Initial wird wieder aufgenommen. Die Bilder-
handschrift des Hortus deliciarum der Hewad von Landsberg,
Abtissin des Klosters St. Odilien im Elsass, ist 1870 bei der Be-
lagerung von Strassburg verbrannt, ist aber in Kopien erhalten.
Das Werk wurde 1165 begonnen und etwa 1175 vollendet. In den
Bildern zeigen sich kräftige Anfänge der neuen Entwickelung.
Einzelne Kompositionen ahmen zwar noch alte Motive nach, aber