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Klassik u.
der
in
Romantik
Hälfte
des
Jahrh.
Münsters und die Krönung von Karls Sohn, Ludwig, hat Joseph
Kehren nach den Entwürfen Rethels bis 1862 ausgeführt. Die
Schilderung altdeutscher Heldengrösse und Kaiserherrlichkeit fand
in diesen Fresken einen vollendeten Ausdruck. Seit 1852 verfiel
Rethel in eine unheilbare Gemütskrankheit. Rethel war noch
mehr als Cornelius ein Geistesverwandter Dürers und suchte auch
den Holzschnitt wieder zu heben. 1840 entstanden die Zeich-
nungen zum Nibelungenliede, nach 1848 die acht Zeichnungen zu
den Todesbildern, welche eine hohe dramatische Kraft bekunden.
Rethels vollendetste und grossartigste Komposition ist der Zug
Hannibals über die Alpen, nach der Schilderung des Livius ent-
worfen und in Bleistift und Wasserfarben ausgeführt. Die Blätter
sind in langer Zeit, hauptsächlich von 1844-1845, vermutlich aber
auch noch später entstanden. Das erste Bild zeigt Hirten in
einer Alpengegend; das zweite zeigt das karthagische Heer einen
wilden Bergstrom überschreitend, von dem Berggeiste bedroht;
das dritte Bild führt in den wilden Kampf mit den Bergvölkern;
das vierte Bild zeigt die Nachzügler des Heers und die Leichen
der Erschlagenen und Erfrorenen; das fünfte Bild enthüllt die
Schrecken des Abgrunds, in dem Elefanten, Pferde und Krieger
zerschmettert liegen; auf dem letzten Bilde endlich blickt der
Feldherr von hoher Warte auf die zu seinen Füssen liegenden
Fluren Italiens hinab. Das Museum in Leipzig hat von Rethel
"Petrus und Johannes heilen den Lahmen an der Pforte des
Tempels" (Nr. 474), etwa von 1840, das Museum in Stuttgart
"Die Auffindung der Leiche Gustav Adolfs auf dem Schlachtfelde
bei Lützen" (Nr. 754). Joseph Kehren (1817-1880) hat, wie oben
erwähnt, die Rethelschen Fresken in Aachen beendet und hat
sonst fast ausschliesslich religiöse Gemälde geschaifen, welche sich
durch Energie des Ausdrucks und Kraft des Kolorits vorteilhaft
auszeichnen. 1872 wurde ihm in Gemeinschaft mit Franz Commans
und Peter Janssen die Ausmalung der Aula des Lehrerseminars
zu Mörs übertragen. Es sollten in friesartiger Anordnung die
Hauptmomente der Weltgeschichte bis zur Errichtung des neuen
Deutschen Reichs zur Darstellung kommen. Kehren führte den
Teil bis zu Christi Geburt aus, dann wieder den Teil von der
Grablegung Christi beginnend bis Karl den Grossen. Von Stilke
war Kehren schon früher zur Ausführung der Fresken im Ritter-
saale des Schlosses Stolzenfels und von Andreas Müller bei den
Fresken der Apollinariskirche bei Remagen herangezogen. Otto
Rethel, geboren 1822, gestorben 1892, Historiem, Genre- und
Porträtmaler, Bruder Alfred Rethels, ist ein Schüler von Schadow
und Karl Sohn. Das Museum in Leipzig hat V0n ihm ein Bild
"Boas findet Ruth ährenlesend" (Nr. 195); eine "biblische Kom-