Buchmalerei.
287
lena. auf dem Titelblatt, auf Pergament gemalt, ausserdem mit
hübschen Randleisten und Initialen im Stile der Renaissance, ver.
mutlich nach älteren Mustern ausgeführt.
Epoche der Neuklassik.
(Von 1770-1810.)
Die grosse allgemeine europäische Umwälzung auf dem Ge-
biete der bildenden Kunst, welche im letzten Viertel des 18. Jahr-
hunderts stattfand, hatte ihren Rückhalt in einer neuen Wendung
zur Antike, und zwar zur griechischen Antike, im bewussten Gegen-
satze zur römischen, welche bisher das Muster für alle Stilarten der
Renaissance abgegeben hatte. In Deutschland wirkte besonders
kräftig in diesem Sinne das Werk Winckelmavzns: Gedanken über
die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und
Bildhauerkunst von 1755. Indes konnte die Malerei aus der bald
allgemein anerkannten Herrschaft des antiken Ideals zunächst
keinen grossen Vorteil ziehen, denn die Entnahme von Typen aus
der antiken Skulptur, wie sie Raphael Mengs gelegentlich für seine
Gemälde übte, konnte doch nur einen dürftigen Ersatz bieten für
den Verlust der nun freiwillig verschmähten grossartigen Kunst-
mittel der Spätrenaissance; und im Grunde genommen herrschte
der Eklektizismus mehr als je vorher. Die schlimmste Folge der
nun leitenden ideal-griechisierenden Richtung war aber die hier-
durch bewirkte Entfremdung der Kunst von dem inneren Empfinden
des Volks. Gesunder als die idealistische war die gleichzeitig sich
neu bildende realistische Schule, aber sie hatte wenige Vertreter
und brach zu plötzlich ab, um bedeutende Wirkungen hervor-
bringen zu können. Erst im 19. Jahrhundert sollte diese letztere
Richtung glänzende Erfolge erringen.
Die Leistungen der neuklassischen Malerei sind indes keines-
wegs zu unterschätzen; es führt von ihnen ein sicherer Faden zu
den selbständigen Schöpfungen des 19. Jahrhunderts hinüber,
namentlich von den fruchtbaren Anregungen in der Landschafts-
malerei ausgehend, wie sie beispielsweise durch die Malwerke eines
Joseph Anton Koch geboten werden: Was der deutschen Kunst
damals und auch noch lange darüber hinaus fehlte, war eine auf
sicherer Grundlage beruhende, in ungestörter Folge sich fort-
pdanzende Schule, wie sie besonders Frankreich in dieser Zeit zu
seinem Glücke besass; wäre eine solche Schule in Deutschland vor-
handen gewesen, so hätten die Brüder von St. Isidoro in Rom, Overbeck
und andere, welche zuerst wieder eine eigene deutsche Kunst zu
schaffen versuchten, sich mindestens ihre unbeholfenen Versuche im