Tafel-
u. Buchmalerei:
Schweiz,
Niedersachsen.
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und Aufsätzen. Das vermutlich älteste Werk deutscher Tafel-
malerei ist das Antependium der Walpurgiskirche zu Soest, jetzt
in der Sammlung des westfälischen Kunstvereins zu Soest. In der
mittleren Abteilung desselben thront innerhalb eines Vierpasses
Christus, bärtig, aber von jugendlicher Bildung, umgeben von den
Evangelistenzeichen. Zur Seite stehen in Doppelarkaden Walpurgis
und Maria, Johannes der Täufer und ein Bischof; in Medaillons
werden zwei Prophetenbrusthilder sichtbar. Die vierHeiligen erinnern
noch an byzantinische Tafelbilder. Die Farben sind in Tempera auf
Goldgrund aufgetragen. Die Entstehungszeit fällt wohl um 1166.
Um die Mitte des 11. Jahrhunderts tritt auch in der Buch-
malerei ein neuer Kunststil an die Stelle des karolingisch-
ottonischen. Man hörte auf, aus altchristlichen Quellen zu schöpfen,
aber die neugewonnene Selbständigkeit zeigt sich zunächst un-
behilflich, ohne Verständnis für die Verhältnisse der Gestalten.
Auch das Farbengefühl ist verschwunden, wie es die grellen weissen
Lichter, die roten Flecke auf Mund, Nasenspitze, Wangen und Stirn
zeigen. In den Darstellungen erscheint jetzt oft Christus als
Drachentöter, zugleich treten eine Anzahl Bildungen auf, welche
stets auf den Kampf der bösen und guten Mächte Bezug nehmen.
Hiermit, aber auch mit der gewonnenen Unabhängigkeit gegenüber
den antiken Überlieferungen, steht das Wiedererscheinen der Tier-
ornamentik im Zusammenhange, die aber jetzt mit einer Fülle
symbolischer Bezüge ausgestattet wird. Ein Evangeliar im
König]. Kupferstichkabinett zu Berlin (Nr. 3), vermutlich für
Heinrich IV. geschrieben, zeigt im Widmungsbilde einen thronen-
den König mit einem Waffenträger und einem Mönche. Die folgende
Darstellung der Verklärung Christi weist ganz unmögliche Formen
und Bewegungen auf. Die Handschrift ist möglicherweise in Süd-
deutschland entstanden. Ein Beispiel der Ünbehilflichkeit bei der
selbständigen Gestaltung eines Stoffs giebt die am Beginn des
12. Jahrhunderts im Kloster Werden in Westfalen entstandene
Bilderhandschrift des Lebens des heiligen Liudger, jetzt in Berlin
(Vita sancti Liudgeri, Ms. theol. lat. F01. 323). Nach einem grossen
Widmungsbilde folgen 22 kleinere Darstellungen aus dem Leben
des Heiligen. Die Gesichter sind stets einander ähnlich und haben
einen greisenhaften Ausdruck; die Ausführung ist reich aber roh;
der Grund ist entweder Gold oder Silber. Ein Psalteriurn der
Leipziger Universitätsbibliothek (Hdsch. 774), wahrscheinlich
einem sächsischen Kloster entstammend, geht in den Vollbildern
noch auf karolingische und ottonisehe Vorbilder zurück. Die
hölzerne Zeichnung zeugt für die Spätzeit des 11. Jahrhunderts.
Zwei Handschriften aus Freckenhorst in Westfalen stammend, von
denen die eine in der Dechanei, die andere im Königl. Staatsarchiv
Ebe, Cicerone. III. 2