Volltext: Malerei (Bd. 3)

Tafelmalerei. 
Oberbayern. 
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bei der Kreuztragung trabt ein ganz scheusslicher Henkersknecht 
voran. Um so erfreulicher wirken die Inneiibilder (Nr. 201-208). 
Da finden wir eine Reihe breit und frei modellierter Männerköpfe, 
und ebenso hohe Anerkennung verdient die holde kindliche Anmut 
vieler Frauengestalten. Der Tod Marias ist aber wohl das Schönste 
des Ganzen in Komposition und Ausdruck, sowie in freudiger 
Klarheit der Farbe. Der Sebastiansaltar stammt aus der letzten 
Zeit Holbeins und steht schon ganz auf dem Boden der Renaissance 
(Pinakothek Nr. 209-211). Die Verkündigung lllarias auf den 
Aussenfiügeln lässt noch am ehesten den Zusammenhang mit der 
früheren Richtung des Meisters wahrnehmen. Der Engel schwebt 
nicht ganz geschickt, die weiten Gewänder sind im Faltenwurf 
nicht immer ruhig, auch der kindliche Ausdruck der Köpfe mahnt 
an frühere Typen. Aber die Anmut in dem Ausdruck Marias geht 
über alles Frühere hinaus. Wie im Kaisheimer Altarwerk sind 
auch hier die Aussenfiügel einfacher in der Farbe. Um so vollere 
Farbenpracht ist in dem inneren Altarwerk entfaltet. Im Mittelbild 
ist das Martyrium Sebastians mit voller dramatischer Kraft ge- 
schildert. In den heiligen Frauen auf den Flügeln, Elisabeth und 
Barbara, treten uns entzückende weibliche Idealgestalten entgegen, 
im Geiste der italienischen Zeitgenossen. Das wesentlich Neue des 
Sebastiansaltars liegt ausserdem im Kolorit. Ein klarer, milder 
und doch warmer Ton fasst alle Lokaltöne zu voller Harmonie zu- 
summen. Ein gemeinsamer landschaftlicher Hintergrund breitet sich 
auf Mittelbild und Flügeln aus, gemalt mit jenem modernen Gefühl 
für landschaftliche Schönheit, das in Deutschland damals erst all- 
mählich durchdrang. Von dem ersten sicheren Werke Michael 
Wbhlgemuths (vergl. Mittelfrankenl, dem mit 1465 bezeichneten 
Altar der Dreifaltigkeitskirche in Hof, besitzt die Pinakothek vier 
auf beiden Seiten bemalte Tafeln (Nr. 229-239). Sie stellen auf 
den Vorderseiten den Ölberg, die Kreuzigung, die Kreuzabnahme 
und die Auferstehung dar; auf den Rückseiten den englischen 
Gruss, die Geburt Christi und zwei Apostelpaare. Wieder ist es 
Rogier gewesen, der den Künstler beeinflusst hat, aber die Nach- 
ahmung ist ungeschickt. Wohlgemuths Modellierung ist iiach, die 
Bewegungen sind steif, die Charaktere sind ohne Kraft und Wucht 
gegeben. Das Anziehendste ist die Landschaft, öfter mit natür- 
lichem Himmel. Einen Fortschritt zeigen die Flügel eines von der 
Familie Landauer in Nürnberg gestifteten Altars, von welchen der eine 
mit der Vermählung der heiligen Katharina und der Geburt Christi 
sich in der Münchener Pinakothek befindet. Höher als der Hofer- 
Altar steht die grosse Kreuzigung (Pinakothek Nr. 233), die, wenn 
sie überhaupt von Wohlgemuth herrührt, wohl sein schönstes 
Werk ist. Nur der Körper des Gekreuzigten ist wenig durch-
	        
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