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Zeit.
Spätgotische
Den bedeutendsten Schatz an Gemälden der älteren deutschen
Schulen enthält die Alte Pinakothek zu München. Eine freie
Wiederholung der Meister Stephan von Köln (vergl. Niederrhein)
zugeschriebenen stehenden Madonna mit dem Veilchen befindet
sich daselbst unter Nr. 5. Von dem ebenfalls Meister Stephan
zugewiesenen grossen Altarwerke, welches vermutlich von der
Familie Muschel-Metternich in die Laurentius-Pfarrkirche in Köln
gestiftet wurde, besitzt die Pinakothek die Aussenseiten der Flügel-
bilder (Nr. 3 und 4), je drei Heilige darstellend, welche, wie vor
allem der heilige Quirinus im Ritterkostüm, durchaus der heiligen
Gesellschaft der Kölner Dombilder angehören. Das grosse Altarwerk
aus der Kirche der Benediktinerabtei in Heisterbach (Pinakothek
9-18) zeigt auf den in München befindlichen Flügelbildern teils
Apostelfiguren, teils Szenen aus dem Leben Christi und der lllaria.
Die Gemälde sind von ungleicher Güte und können aus der Schule
Meister Stephans stammen. Die gemeine Gesichtsbildung, nament-
lich die knollige Bildung der Nase hängt offenbar mit einem
unklaren Gefühl für Naturwahrheit zusammen. Vom Kölnischen
Meister des llfarienlebens (vergl. Niederrhein) stammt ein Cyklus
von Gemälden (Pinakothek Nr. 22-29), welche sich ehemals in
der St. Ursulakirche in Köln befanden. Es sind Darstellungen
aus dem Marienleben: Joachim und Anna an der Goldenen Pforte,
Geburt Maria, Tempelgang Maria, Vermahlung der heiligen Jung-
frau mit Joseph, Verkündigung, Heimsuchung, Himmelfahrt Maria,
unten die Apostel. Die Gemälde schmückten, mit einem in London
beündlichen, die Innenseiten zweier Flügel, welche aussen die
Kreuzigung und die Krönung Maria enthielten. Nr. 29 giebt
die Krönung Mariä. durch Gottvater und Christus. Die Vorbilder
für die schlanken Gestalten von zartem, fast weiblichem Charakter
sind etwa bei Dirick Bouts zu suchen. Der Künstler liebt reich
entwickelte Landschaften und sorgsam ausgeführte xBaulichkeiten,
ohne jedoch den Goldgrnnd aufzugeben. Verwandter Art sind
auch die übrigen Bilder des Meisters: die Anbetung der Magier
(Pinakothek Nr. 30) und ein Triptychon (ebendort Nr. 81-33),
welches in den grösseren Tafeln je drei Apostel und Johannes
Baptist zu einer Gruppe vereinigt in halber Lebensgrösse darstellt,
während aussen die Verkündigung und die Geburt Christi erscheinen.
Die Tafeln Nr. 34-40 der Pinakothek gehören in den Kreis des
Meisters des Marienlebens oder stehen doch seiner Art nahe:
Nr. 34. Christus am Kreuz, Maria, Johannes, Heilige und Stifter
von 1466, stammt aus der St. Ursulakirche in Köln; Nr. 35 die
Heiligen Kunibert und Hieronymus, auf der Rückseite die Ver-
kündigung; Nr. 36 Maria mit dem Kinde auf der Mondsichel
sitzend; Nr. 37 der heilige Jakobus; Nr. 38 St. Antonius der Abt;