Schefflarn in der Münchener Bibliothek (C. p. 56 Clm. 17011)
ist wohl um die Mitte des 9. Jahrhunderts in Freising entstanden.
Die Initialen zeigen schwarzes Flechtwerk. Der Kanon erscheint
unter einem Tempel von fünf Säulen, die Bilder der Evangelisten
sind roh, indes erscheint Johannes bereits jugendlich und durch
das rote Haar als Deutscher bezeichnet. Die dem Alcuin zu-
geschriebene Bibel in der Kantonalbibliothek zu Zürich enthält
nur Ornamente. Die Bibliothek der Abtei St. Gallen enthält
den Folchard-Psalter (Nr. 23), noch vor 872 entstanden und das
Psalterium aureum vom Ende des 9. Jahrhunderts, beide mit
prächtigen, von selbständiger Auffassung zeugenden Malereien. In
den Initialen tritt die nordische Tieroruamentik zurück, dagegen
wird viel Bandwerk verwendet. Die Federzeichnung eines "Paulus
von Juden und Heiden verhöhnt" (Cod. 64 der Bibliothek von
St. Gallen) ist ein kühner Versuch, die altchristliche Überlieferung
beiseite zu schieben. Ebendort befindet sich die Grammatik des
Donat (Nr. 877), aus dem 9. Jahrhundert, welche eine edel an-
gelegte Federzeichnung des Salvator mundi enthält, vielleicht von
Nottker her-rührend. Ein Psalter aus dem 9. Jahrhundert ebendort
(Nr. 22) enthält leichte Federzeichnungen mit verschiedenen Farben-
andeutungen von roher Arbeit. Das Evangeliar Nr. 54 derselben
Bibliothek, aus der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts, zeigt meister-
hafte Initialen. Die fürstliche Hofbibliothek in Donaueschin gen
(Katalog Barak. Nr. 191) enthält ein Sacramentar des 9. Jahr-
hunderts, in seiner ornamentalen Verzierung dem Sintramschen
Evangelium longum in St. Gallen verwandt. Im St. Blasianer
Kirchenschatz, jetzt in St. Paul in Kärnten, befindet sich ein
Glossar aus dem 9. Jahrhundert (Ood. memb. 4") mit vier rohen
Bildern der Evangelisten ohne Deckfarben; ferner ein Blatt mit
einer Majestas Domini. Im Evangeliar Karls des Grossen in der
Schatzkammer in Wien sind die Evangelistenbilder in grossartiger
Weise im Anschluss an altchristliche Vorbilder gegeben. Die
Kanonestafeln zeigen antikisierende architektonische Einfassungen.
Der Heliand in der Hofbibliothek zu Wien, aus der zweiten
Hälfte des 9. Jahrhunderts, enthält drei Bilder in Federzeichnung,
leicht getuscht, und mit dem Ausdruck einer gewissen Natur-
beobachtung. Sie sind die Vorläufer der später einsetzenden volks-
tümlichen Richtung. Der Codex millenarius in der Stiftsbibliothek
zu Kremsmünster, ein Evangeliar aus Karls des Grossen Zeit,
giebt die Evangelistenbilder und viele Initialen, deren Ornamente
mit denen am Tassilokelch übereinstimmen; der Deckel ist
später.