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Zeit.
Spätgotische
Rundung. Für die Stadtkirche in Nördlingen malte Herlin 1468
ein figurenreiches Eccehomobild als Votivtafel, jetzt in der dortigen
städtischen Sammlung. Hier herrscht energische Bewegung, aber
die Geisselnden sind von rohem Naturalismus, und Christus selbst
zeigt keine ideale Erhabenheit. Das Hauptwerk Herlins ist der
grosse Flügelaltar von 1488, jetzt gleichfalls in der städtischen
Sammlung in Nördlingen. Auf der Mitteltafel Maria auf dem
Throne, das Kind auf dem Schosse, das nach einem Buche greift,
welches der heilige Lukas hält. Vorn kniet der Stifter mit vier
Söhnen, die Gattin mit fünf Töchtern, zur Seite die heilige Mar-
gareta. Den Hintergrund schliesst ein brauner goldgemusterter
Teppich, welchen zwei weissgekleidete Engel halten. Auf den
Flügeln ist die Geburt Christi und der Christusknabe im Tempel
dargestellt. Der Ausdruck ist lebendig, Natur-Wahrheit ist in hohem
Masse angestrebt, die Farben sind glänzend. Der Künstler hat in
den Stiftern sich selbst und seine Familie dargestellt. Herlin ist
technisch von höherer Begabung als etwa Schongauer, aber es
fehlt ihm der Schönheitssinn und die künstlerische Energie.
Bernhard Strigel, geboren um 1460, aus Memmingen (früher der
Meister der Sammlung Hirseher genannt) war der Lieblingsmaler
Kaiser Maximilians." ln Strigels Werken mischt sich der Einfluss
von Holbein dem Alteren und von Zeitblom. Er malt tüchtige,
charaktervolle Männerköpfe, während die Frauen oft etwas Be-
fangenes haben; dabei herrscht stets ein völlig weltlicher Ausdruck,
ferner eine glühende Kraft der tiefen, satten Färbung. Die Zeichnung
steht nicht ganz auf gleicher Höhe, die Figuren sind derb und
kurz und in den Bewegungen manchmal ungeschickt. In Mem-
mingen ist von Strigel ein Altarschrein erhalten, der Stadt ge-
hörend, welcher unter anderem die Reise der drei Weisen aus dem
Morgenlande enthält.
Mittelfranken. In Franken war wie früher (Nürnberg der
Mittelpunkt der Kunstthätigkeit. Hier blieb die alte schlichte Natür-
lichkeit noch längere Zeit in Übung, frei von dem van Eyckschen
EinflllSSe, das Zeigt der kaum vor 1440 entstandene Hochaltar in
der Frauenkirche in Nürnberg, der aus der Kartäuserkirche
dorthin kam. Auf der Mitteltafel ist Christus am Kreuze zwischen
Maria und Johannes, dann die Verkündigung und Auferstehung
dargestellt, auf den Flügeln die Geburt Christi und die Apostel
Petrus und Jakobus. Die ltIaria_ ist noch der idealen Stimmung
des Imhofsaltars entsprossen, aber die Apostel sind kräftige ge-
drungene Gestalten. Die Farbe setzt sich kräftig von dem Gold-
grund ab. Ein kleiner Altar mit Doppelilügeln, eine Hallersche
Stiftung in St. Sebald zu Nürnberg, zeigt auf der Mitteltafel einen
Christus am Kreuz zwischen Maria und Johannes, auf den Flügeln