Tafelmalerei.
Unter-
und
Oberelsass.
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gehenden 15. Jahrhunderts. Die vier Flügel enthalten Gemälde;
Martyrien des heiligen Stephanus und des heiligen Laurentius,
fein empfundene Kompositionen auf Goldgrund; auf der Aussen-
seite der mittleren Tafel das Martyrium des heiligen Sebastian;
am Verschluss der kleineren Nischen, innen der Papst Sixtus und
der heilige Rochus im Pilgergewand; an der Predella links die
Kreuztragung mit Veronika, in der Mitte die Kreuzigung, rechts
Maria mit dem Leichnam des Herrn auf den Knieen. Es sind
vorzügliche Kompositionen mit lebhaftem Kolorit nach Art der
Schongauerschen Schule.
Oberelsass. Seit Mitte des 15. Jahrhunderts sind es am Ober-
rhein fest umgrenzte Künstlerpersönlichkeiten, welche den nieder-
ländischen Einfluss erfahren haben, und zwar mit dem Mittelpunkte
in Kolm ar. Kaspar Isenmann, seit 1436 in Kolmar, stirbt daselbst
1466, malte 1462 für St. Martin in Kolmar einen Hochaltar, von
dem noch Teile im Museum zu Kolmar (Nr. 137-143) aufbewahrt
werden. Diese gehören einem Passionscyklus an: Einzug Christi
in Jerusalem, das Abendmahl, der Ölberg, die Geisselung, die
Dornenkrönung, die Grablegung, die Auferstehung. Die Rück-
seiten der Tafeln zeigen Reste von lebensgrossen Heiligengestalten:
Nikolaus, Katharina, Laurentius. Letztere sind in Tempera durch-
geführt. Die Passionsszenen sind realistisch aufgefasst, namentlich
sind die Büttel und Kriegsknechte masslos ins Hässliche über-
trieben. Die van Eycksche Technik hatte sich Isenmann vielleicht
an der Quelle geholt. Martin Schongauer, auch genannt Martin
Schön oder Martin Hübsch, nimmt in der oberrheinischen Malerei
eine herrschende Stellung ein und erhielt wahrscheinlich bei Isen-
mann seine erste Ausbildung. Schongauer stammte aus einer
Augsburger Familie, sein Vater Kaspar war Goldschmied und
erwarb 1445 in Kolmar das Bürgerrecht. Hier wurde bald nachher
Martin geboren und wird als Goldschmiedslehrling begonnen
haben. Schongauer muss als Maler in den Niederlanden gearbeitet
haben. Ende der achtziger Jahre führte ihn vermutlich ein Auf-
trag nach Breisach; er starb hier 1491. Sein künstlerischer Entwicke-
lungsgang muss mehr aus seinen Kupferstichen als aus den wenigen
erhaltenen Gemälden herausgelesen werden. Seine Jugendperiode
vertritt am besten die Madonna im Rosenhag in der Sakristei des
Münsters zu Kolmar von 1473. Maria, überlebensgross, sitzt in
einer von bunten Vögeln belebten Rosenhecke; sie ist mit rotem
Untcrgewand und rotem Mantel bekleidet; Engel halten die Krone
über ihrem Haupte; sie hält das Ohristuskind auf den Armen.
Hinter der Rosenhecke ist Goldgrund. Der Einfluss Rogiers kann
nicht verkannt werden; es zeigen sich seine eckigen magere
Formen. Schongauers Gemälde zeichnet sich durch die Tie
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