Volltext: Malerei (Bd. 3)

Tafelmalerei. 
Unter- 
und 
Oberelsass. 
105 
gehenden 15. Jahrhunderts. Die vier Flügel enthalten Gemälde; 
Martyrien des heiligen Stephanus und des heiligen Laurentius, 
fein empfundene Kompositionen auf Goldgrund; auf der Aussen- 
seite der mittleren Tafel das Martyrium des heiligen Sebastian; 
am Verschluss der kleineren Nischen, innen der Papst Sixtus und 
der heilige Rochus im Pilgergewand; an der Predella links die 
Kreuztragung mit Veronika, in der Mitte die Kreuzigung, rechts 
Maria mit dem Leichnam des Herrn auf den Knieen. Es sind 
vorzügliche Kompositionen mit lebhaftem Kolorit nach Art der 
Schongauerschen Schule. 
Oberelsass. Seit Mitte des 15. Jahrhunderts sind es am Ober- 
rhein fest umgrenzte Künstlerpersönlichkeiten, welche den nieder- 
ländischen Einfluss erfahren haben, und zwar mit dem Mittelpunkte 
in Kolm ar. Kaspar Isenmann, seit 1436 in Kolmar, stirbt daselbst 
1466, malte 1462 für St. Martin in Kolmar einen Hochaltar, von 
dem noch Teile im Museum zu Kolmar (Nr. 137-143) aufbewahrt 
werden. Diese gehören einem Passionscyklus an: Einzug Christi 
in Jerusalem, das Abendmahl, der Ölberg, die Geisselung, die 
Dornenkrönung, die Grablegung, die Auferstehung. Die Rück- 
seiten der Tafeln zeigen Reste von lebensgrossen Heiligengestalten: 
Nikolaus, Katharina, Laurentius. Letztere sind in Tempera durch- 
geführt. Die Passionsszenen sind realistisch aufgefasst, namentlich 
sind die Büttel und Kriegsknechte masslos ins Hässliche über- 
trieben. Die van Eycksche Technik hatte sich Isenmann vielleicht 
an der Quelle geholt.  Martin Schongauer, auch genannt Martin 
Schön oder Martin Hübsch, nimmt in der oberrheinischen Malerei 
eine herrschende Stellung ein und erhielt wahrscheinlich bei Isen- 
mann seine erste Ausbildung. Schongauer stammte aus einer 
Augsburger Familie, sein Vater Kaspar war Goldschmied und 
erwarb 1445 in Kolmar das Bürgerrecht. Hier wurde bald nachher 
Martin geboren und wird als Goldschmiedslehrling begonnen 
haben. Schongauer muss als Maler in den Niederlanden gearbeitet 
haben. Ende der achtziger Jahre führte ihn vermutlich ein Auf- 
trag nach Breisach; er starb hier 1491. Sein künstlerischer Entwicke- 
lungsgang muss mehr aus seinen Kupferstichen als aus den wenigen 
erhaltenen Gemälden herausgelesen werden. Seine Jugendperiode  
vertritt am besten die Madonna im Rosenhag in der Sakristei des 
Münsters zu Kolmar von 1473. Maria, überlebensgross, sitzt in 
einer von bunten Vögeln belebten Rosenhecke; sie ist mit rotem 
Untcrgewand und rotem Mantel bekleidet; Engel halten die Krone 
über ihrem Haupte; sie hält das Ohristuskind auf den Armen. 
Hinter der Rosenhecke ist Goldgrund. Der Einfluss Rogiers kann 
nicht verkannt werden; es zeigen sich seine eckigen magere 
Formen. Schongauers Gemälde zeichnet sich durch die Tie 
3'  51a
	        
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