Volltext: Malerei (Bd. 3)

fehlen noch alle Ornamente, erst in denen des 7. Jahrhunderts treten 
die Bandgeschlinge und Tierbilder der nordischen Völker auf, nur in 
Einzelheiten unterschieden; so bleibt der irischen Ornamentik das 
Blattwerk ganz fremd. Der Hauptort für die Verbreitung der 
irischen Buchmalerei in Deutschland wurde das 614 gegründete 
Kloster St. Gallen. Würzburg besitzt in dem Epistelbuch des 
heiligen Kilian, in der Universitätsbibliothek Nr. 69, und die Dom- 
bibliothek in Trier in einem Evangeliarium mit Initialen, von 
einem Thomas geschrieben, bedeutende Beispiele irischer Buch- 
malerei. Das Epistelbuch des heiligen Kilian zeigt auf dem An- 
fangsbilde einen Bogen auf Pfeilern, der mit Sternblumen und 
Bandverschlingungen geschmückt ist. In der Mitte des Blattes 
erscheint Christus am Kreuz, von dessen Querbalken zwei kleinere 
Kreuze mit den Schächern herabhängen. Der Unterteil des Blattes 
zeigt Christus mit vier Aposteln im Schiff, Fische angelnd. Das 
Figürliche ist noch sehr unbeholfen. Der irische Ornamentstil 
giebt die Bandgeschlinge und Tiermotive der germanischen Völker- 
wanderungszeit in freierer und reicherer Ausbildung wieder. Auch 
die gewaltsam bewegten Tierformen sind irischen oder skandinavi- 
schen Ursprungs und kommen in Deutschland erst am Ende der 
karolingischen Periode zur Aufnahme, bleiben aber dann durch die 
ganze romanische Periode in Kraft. In der Bibliothek des Bene- 
diktinerstifts zu St. Gallen befinden sich ein Codex mit irischer 
Schrift aus dem 8. Jahrhundert (Nr. 51) und streng stilisierten 
Bildern, dann Teile des Theodosianischen Gesetzbuchs (Nr. 731) 
von 794 mit fränkischen Miniaturen von Vandalgarius in flüchtigen 
Umrissen und Cod. Nr. 876 mit ebenso rohem Bilderschmuck. Im 
Schatz des Münsters zu Essen befindet sich ein Evangeliar des 
8. Jahrhunderts, aus der Schule von Corbie stammend, mit reich 
verzierten Kanonestafeln, Initialen und Titelbild, welches das Brust- 
bild Christi und die Evangelistenzeichen enthält. Das Evangeliar 
des heiligen Corbinian in der Münchener Bibliothek (Cod. II. 4, b) 
zeigt zu Anfang ein Blatt mit einem gemalten Kreuz, auf dessen 
Oberbalken sich ein Rundbogen mit Säulen aufsetzt. Unter diesem 
erscheint das Brustbild des unbärtigen Christus. Die Initialen be- 
stehen aus farbigen Steinen, Pfianzenformen und Tieren. Das 
Evangeliar aus dem 7. oder 8. Jahrhundert ist wohl italienischen 
Ursprungs; der Schreiber und Maler nennt sich ValWiaWMS. 
In der karolingischen Zeit werden die symbolischen christ- 
lichen Gestalten, wie der Fisch u. a", und das antikisierende Blatt- 
motiv in die Buchmalerei eingeführt. Karl der Grosse hielt an 
dem früher gegebenen byzantinischen Verbot der Bilderverehrung 
fest, indes werden die Bilder als Wandschmuck und Verzierung 
der Bücher zugelassen. Verworfen wurden die heidnischen allego- 
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